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Frauenlob Manesse-Bild

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Reinmar auf CD:

Codex Manesse
I CIARLATANI: Codex Manesse
- Neben vielen anderen Liedern der Heidelberger Handschrift ertönt hier Reinmars an den Donauländischen Minnesang erinnerndes "Der winter were mir ein zit" zur Melodie des Lerchenliedes.

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Falken
DIVERSE: Falken, Lerchen, Nachtigallen
- Hier findet sich eine fulminante Version von Reinmars Winterklage, gesungen von Wilfried Staufenbiel, der sich ins Klagen regelrecht hineinsteigert.

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Falkenstein 2005
DIVERSE: Burg Falkenstein - Minnesänger-Wettstreit 2005 -  Hier singt Jochen Faulhammer Reinmars Winterklage in neuhochdeutscher Nachdichtung.
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Minne, traute Minne
MUSIKTHEATER DINGO: Minne, traute Minne -  Hier findet sich Reinmars "Ostertag" in neuhochdeutscher Nachdichtung, zur Melodie des Titureltones. Solist: Jochen Faulhammer.
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O Maria MUSIKTHEATER DINGO: O Maria Flos Virginum - Auf diesem Live-Mitschnitt eines Kirchenkonzertes findet sich ebenfalls "Der Ostertag" (s.o.), gesungen von Jochen Faulhammer.
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  REINMAR VON HAGENAU
("REINMAR, DER ALTE")
von Dr. Lothar Jahn

Zu seiner Zeit und noch lange danach galt er als der größte Meister der Minneklage: Reinmar von Hagenau, der schmerzensreiche Sänger, der seine Anerkennung und Schaffenskraft aus dem Leiden an der Zuneigung zur unerreichbaren Dame bei Hofe errang. Aus seinen und Walthers Liedern lässt sich eine enge Beziehung zwischen beiden erschließen - erst eine Art Lehrer-Schüler-Verhältnis, dann eine deutliche Konkurrenz am Babenberger Hof zu Wien, die auch mit lyrischen Mitteln ausgetragen wurde.

Reinmar orientierte sich formal an der mehrstrophigen Kanzone, wie sie aus Frankreich von den Trobadors und Trouvères Ende des 12. Jahrhunderts nach Deutschland herüberkam, mit der typischen Form Stollen-Stollen-Abgesang und reinen Reimen.  Auch die Sujets entstammen romanischen Vorbildern: Im Mittelpunkt steht die unerfüllte, ja unerfüllbare Liebe.   

Die bei ihm oft zu findenden Zwiegespräche der Herrin mit einem Boten des liebenden oder geliebten Ritters sind ebenfalls schon bei den Trobadors und Trobairitz zu finden (etwa bei Beatriz de Dia). Dürfen dort die Boten aber oft auch freundliche Kunde überbringen, so ist bei Reinmar die moralische Zurückweisung des ritterlichen Anliegens Pflicht. Der junge Walther erprobte sich angeregt durch Reinmar zeitweise auch in diesen Dialogen. Aber auch reine Monologe aus Frauensicht, wie wir sie aus dem Donauländischen Minnesang vom Kürenberger oder Dietmar von Aist kennen, sind bei Reinmar noch zu finden.

Der Hauptteil seines Werkes besteht aber aus unendlich traurigen Minneklagen, er kann als Vollender dieses Genres gelten. Keiner der deutschen Minnesänger treibt den sehnsüchtigen Schmerz so auf die Spitze wie er, wobei er fast schon wie ein Masochist die Zurückweisung zu genießen scheint. Immer wieder begegnen wir in seinem Liedern einem Mann, der seiner Herrin treu ergeben ist, selbst wenn sie ihm nicht mal das kleinste Lächeln gönnt. Und wenn er auch noch so leidet: Er preist die Schönheit edler Damen mit einer Kunstfertigkeit und Finesse, die bis dahin unerreicht ist. Die von Zeitgenossen oft angedeutete Aufkündigung des Minnedienstes aufgrund seiner Aussichtlosigkeit kommt für ihn nicht in Frage. Auch, wenn er keine Chance hat, erhört zu werden, dient er der Dame weiter und bezieht aus der Zurückweisung seinen Stolz, was geradezu als didaktisches Programm dient. So heißt es am Ende seiner Winterklage "Mir ist in nôt", in der er sich zunächst von der Wehleidigkeit anderer Sänger abgrenzt, die Frost und (Herzens-)Kälte beklagen, voller Trotz:

Wol den ougen die sô welen kunden
und dem herzen daz mir riet
an ein wîp diu hât sich underwunden
guoter dinge und anders niet.
swaz ich durch si lîden sol
daz ist kumber, den ich harte gern dol.

Wohl den Augen, die zu ihr gefunden!
Und wohl dem Herzen, das mir riet
Zu der Frau, die in so vielen Stunden
Nur Gutes tut, wie's jeder sieht.
Was ich durch sie leiden muss,
Will ich gern erdulden ohne viel Verdruss.

Ludwig Uhland bezeichnete ihn wegen dieser Haltung als "Scholastiker der unglücklichen Liebe" - eine Charakterisierung, die von der Forschung zeiweise verabsolutiert wurde und dazu führte, dass bis hin zu Carl von Kraus ("Minnesangs Frühling") allen unter seinem Namen überlieferten Liedern, die nicht in dieses Bild passten, die Echtheit abgesprochen wurde. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begann man, Reinmar wieder als Dichter und Sänger wahrzunehmen, der neben seinem unbestreitbar tieftraurigen Schwerpunkt auch andere Facetten und Farben zu bieten hat. Für eine Revision des engen Reinmarbildes in der Mediävistik setzten sich vor allem Friedrich Maurer und Günther Schweikle ein.
 
Eine wichtige Rolle beim Blick auf Reinmar spielt die sogenannte "Reinmar-Walther-Fehde", die man sich in der Spätromantik bis ins 20. Jahrhundert hinein als regelrechte Feindschaft zwischen einem blutleeren Dogmatiker des Minnesanges (Reinmar) und einem lebenslustigen, jungen Genius (Walther) vorstellte. Vielleicht war es aber viel eher eine spielerische Auseinandersetzung, vergleichbar mit dem "Dissen" der Rapper, die einander in harten Worten angehen, sich dabei aber in der Auseinandersetzung trotz harter Worte gegenseitig Respekt bezeugen. Tatsache ist, dass es bei Walther und Reinmar viele Lieder gibt, die aufeinander bezogen sind. Man greift manchmal nicht nur die Thematik, sondern auch  den Bau, das Reimschema und somit die Melodie eines Liedes des Konkurrenten auf, um ihn im Text dann heftig anzugehen. Dass Reinmar den Auftritt seiner Liebsten mit so etwas Heiligem wie der Auferstehung Jesu Christi vergleicht, dass Reinmar seiner Herrin im Schlaf einen Kuss rauben will oder sie mit hohlem Pathos weit über alle andere Frauen stellt, was alle anderen "matt" setzen soll - das wird von Walther in seiner viel nüchterneren Weltsicht angeprangert und lächerlich gemacht.  Reinmar kontert, in dem er Walthers Bekundung, er fände im Angesicht seiner Herrin keine Worte, um ihre Schönheit zu beschreiben und seine Zuneigung zu erklären, mit dem Hinweis, dieser möge doch gehen, wenn er nichts zu sagen hätte:

Niemen ime ez vervienge
ze einer grôzen missetât,
Ob er dannen gienge,
da er niht ze tuonne hât.
Spraeche als ein gewizzen man:
"gebietet ir an mîne stat",
daz waere ein zuh und stüende im lobelichen an.

Niemand würde stören,
Wenn er ganz verschwunden wär'!
Die nicht hergehören,
Die vermisst doch niemand sehr!
Ach spräch er endlich wie ein kluger Mann:
"Erlaubt mir, einfach fortzugeh'n!"
  Das stünd dem wohlerzog'nen Herrn gut an.

Polemisch und böse wirkt auch Walther, wenn er in seinem Lied vom "wol gemachet wîp" Reinmars Kussraub satirisch zum Raub des Kissens umdichtet, an das sich die Herrrin schmiegt. Dies wird durch den Kontext - eine Badeszene, bei der er heimlich seine Herrin in aller Nacktheit beobachtet - noch schlüpfriger. Insofern könnte da doch über das für beide Seiten anregende (und werbewirksame) literarische Zwiegespräch hinaus eine Auseinandersetzung am Wiener Hof gegeben haben, an deren Ende es hieß: "Es kann nur Einen geben".

Gleichwohl beendete Walther, der sich ja später in vielen Liedern sehnsuchtsvoll nach Wien zurücksehnte, das Zwiegespräch mit einer Huldigung. Seine Totenklage auf Reinmar ist von deutlichem Respekt geprägt: Schon Reinmars Frauenpreis "Swaz ich nû niuwer mære sage" allein sollte nach Walthers Meinung dafür reichen, dass alle Frauen um den verstorbenen Meister bittere Tränen weinten.

Reinmar der Alte
Reinmar der Alte, Miniatur aus der Manessischen Liederhandschrift

Lebensdaten:
Die Forschung datiert seinen Tod um 1210, seine Hauptwirkungszeit Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts. Seine Werke finden sich in der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift (A), der Weingartner Liederhandschrift (B) und dem Codex Manesse (C), in der Würzburger Liederhandschrift (E) existiert zudem eine weitere Sammlung von Reinmar- und Walther-Liedern. In vielen Schriften ist er nur als "Reinmar der Alte" (in Abgrenzung zu Zweter, Brennenberg und dem Fidler) verzeichnet, die Zuschreibung "von Hagenau" entstammt dem Minnesänger-Exkurs Gottfrieds von Straßburg im "Tristan"-Roman. Aufgrund dieser Zuordnung wird auch seine Heimat im elsässischen Hagenau lokalisiert. Gottfried schätzt ihn als Größten aller Minnesänger, als "Nachtigall", deren Nachfolge er nur Waltherzutraut.  Von Walther wiederum gibt es eine Totenklage auf Reinmar, in der er ihm trotz persönlicher Differenzen Meisterschaft zugesteht. Das taten auch die Meistersänger, die ihn als einen ihrer Meister und Vorbilder ehrten. Auch Frauenlob preist ihn als einen der größten Sänger, wenngleich er seine eigene Kunst noch höher bewertet. Und Reinmar von Brennenberg hebt ihn in seiner Minnesänger-Totenklage als Könner hervor, an den keiner der Zeitgenossen mehr heranreicht.  Die Miniatur der Legende vom "Sängerkrieg auf der Wartburg" in der Manesse-Handschrift sieht Reinmar, den Alten, auch als Teilnehmer des Wettstreits. Dies scheint plausibler als die Nennung von Reinmar von Zweter später im Text der Dichtung, denn dieser wäre zum Zeitpunkt des Sängerkrieges noch ein Kleinkind gewesen. Außerhalb von Dichterzeugnissen ist Reinmar nicht belegt. Aus dem Konkurrenzverhältnis zwischen Walther und Reinmar, das sich auch im gegenseitigen Bezug auf einander in diversen Liedern äußert, entwickelten Forscher des 19. und 20. Jahrhunderts den Gedanken einer regelrechten "Fehde", die mit der Vertreibung Walthers aus Wien endete. Reinmar wird in dieser Sicht als langjähriger Hofsänger der Babenberger in Wien angesehen, was vor allem aus seiner Witwenklage für Herzog Leopold V. geschlossen wird.

Überliefertes Notenmaterial:
Von Reinmar direkt gibt es keine überlieferten Noten. Allerdings gibt es Kontrafakturen, so ist sein Ostertagslied im anonym überlieferten Titurelton sangbar, seine Winterklage im Klageton von Richard Löwenherz und "Der winter waere mir ein zît" im Ton des Lerchenliedes.

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LIEDBEISPIEL VON REINMAR

Des er gert, daz ist der tôt
und verderbet manigen lîp; 
bleich und eteswenne rôt, 
alse verwet ez diu wîp. 
Minne heizent ez die man 
unde mohte baz unminne sîn.  
wê ime, ders alrêst began.

Was er begehrt, das ist der Tod
Und hat manchen ins Verderben gestürzt.
Bleich und bisweilen rot
Werden die Frauen davon.
Minne nennen es die Männer,
Aber man sollte es besser Unminne nennen.
Weh ihm, der damit begann!

Original: Reinmar von Hagenau, Botenlied, 12./13. Jh.
Nachdichtung: Lothar Jahn 1999

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