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Gottfried von Straßburg
auf CD:


Hörbuch Tristan
Gottfried von Straßburg: Die Geschichte der Liebe von Tristan und Isolde. In der Übertragung von Dieter Kühn,
mit Anna Thalbach und Wanja Mues, Erzähler: Oliver Nitsche, Musik: Estampie, PATMOS, Dreifach-CD.
Das Epos wird von den grandiosen Erzählern mitreißend gestaltet. Die Musik von Estampie wird dramaturgisch geschickt eingesetzt. Ein sehr gelungenes Hörbuch!

> Bestellen für 15 plus 3 € Versand.

BUCHTIPP: Dieter Kühn "Tristan und Isolde des Gottfried von Straßburg"

Dieter Kühn
Dieter Kühn gelingt mit seiner Tristan-Nachdichtung ein echtes Meisterwerk, noch überzeugender als beim "Parzival". Die geschliffene Sprache und Klarheit der Aussage, wie sie Gottfried von anderen Dichtern fordert, gelingt auch dem Übersetzer. Das ganze wirkt so plastisch, dass einem die Geschichte einfach nicht loslässt. Die relativ lange Einleitung allerdings ist im Vergleich zum Parzival-Buch, bei dem aber auch weit mehr Fakten zur Verfügung standen, überzeugt nicht so richtig. Etwas ziellos lässt er diesmal seine Fantasie schweifen, zum Hintergrund des Werkes und des Dichters wird nur wenig Erhellendes beigetragen. (lj)  

LINKS:
> Volltext "Tristan und Isolde" von Gottfried von Straßburg im Projekt Gutenberg.

> Nachdichtung "Tristan und Isolde" von Karl Simrock.

> Die beiden Sangsprüche unter Ulrichs Namen, die nach Konrad von Ems von Gottfried stammen könnten (Bibliotheca Augustana).

> Unter Gottfrieds Namen überlieferte Lieder in der Manesse-Handschrift (Der Miniatur folgen die Texte)
GOTTFRIED VON STRASSBURG
von Dr. Lothar Jahn

Gottfried von Straßburg ist vor allem durch seine deutsche Fassung des Epos „Tristan und Isolde“ bekannt. Wie bei vielen mittelalterlichen Stoffen, die in der Romantik aufgegriffen wurden, ist unser Blick auf das Werk verstellt: Richard Wagner hat den Tristan zum Zentralwerk seiner Liebestod-Mystik gemacht, doch im Originalstoff geht es vor allem um die Gier nach dem lustvollen Leben, die alle moralischen und gesellschaftlichen Schranken beiseite fegt und die  Liebenden zu List, Betrug, Heuchelei und im Zweifelsfall sogar zum (missglückten) Mord an der engsten Vertrauten treibt.

Einer breiteren Öffentlichkeit ist heute ausschließlich der "Tristan" als Werk Gottfrieds bekannt, es finden sich aber unter Gottfrieds Namen auch drei Töne mit mehr als 80 Strophen in der Manessischen Liederhandschrift, deren Echtheit allerdings von der Forschung angezweifelt wird.

Es sind dies das sechsstrophige Minnelied "Diu zît ist wunniclich" mit bekannten Ingredenzien von der Maien-Preisung über das Verstummen vor der Dame bis zur Preisung ihres rosenfarbnen Mundes. Dazu eine 63-strophige Marienpreisung (!) und eine dreizehnstrophige Sammlung von Lebensratschlägen zum Thema Reichtum und Armut, die der Vater seinem Kind mit auf dem Weg gibt: Die Sammlung hat eine Eigenheit, die in der Handschrift mit der hängenden Initiale am Strophenanfang besonders ins Auge sticht - fast alle Strophen beginnen mit dem Wort „kint“.  Darüber hinaus nennt Rudolf von Ems (ca. 1200 – ca. 1254) Gottfried als Autor des Sangspruches vom gläsernen Glück, das wunderbar erscheint und schnell in kleine Stücke zerbricht. Die Manesse-Handschrift schreibt diesen Spruch Ulrich von Lichtenstein zu; im selben Ton findet sich dort eine weitere Strophe, die schildert, wie das Streben nach Besitz, nach "mîn unt dîn", die Menschen und die Welt vor sich hertreibt wie einen Ball und dabei „früetend und wüetend“ wirkt.
 
Die Manesse gibt ihm den Titel „Meister“, was auf eine hohe Bildung und eine angesehene Stellung hinweist - im kirchlichen, vielleicht sogar universitären Rahmen: Die Miniatur in der Manesse-Handschrift zeigt ihn mit Tonsur und Wachstafel im Kreise von höfisch gekleideten, emsig debattierenden Zuhörern.

Dies gibt ihm wohl auch das Recht, ein Urteil über seine dichtenden Zeitgenossen zu fällen. In einem der Exkurse, die er dem Tristan-Roman eingefügt hat, lässt er die Dichter und Sänger seiner Zeit Revue passieren. Er beginnt mit Hartmann von Aue, den er als brillanten Erzähler preist, der den Sinn einer Geschichte durch Details wunderbar ausschmückt. Er preist Hartmanns Klarheit und polemisiert gleichzeitig gegen ausufernde „Geschichtenwilderer“ („maere wildenaere“), die nicht in der Lage seien, den Kern ihres Stoffes herauszuarbeiten, er sieht in ihnen Blender, die "stumpfe sinne" betrügen, indem sie "ûz der bühsen giezen stoubîne mergriezen". Sie verstreuen aus ihrer Dose vermeintliche Perlen, die aus nur aus Staub bestehen, und machen Schmutz zu Gold für die Kinder.

Die anmutige Sprache eines Bligger von Steinach ist ihm dagegen ein deutliches Lob wert. Auch hier wird wieder die Klarheit der Aussage gelobt, aber auch seine raffinierte Reimkunst. Der dritte, der Erwähnung findet, ist Heinrich von Veldeke – hier lobt er besonders die Schönheit seiner Schilderungen der Liebe, seine Klugheit und die Tatsache, dass er ein Vorreiter der Dichtung „ in tiutischer zungen“ war, dem viele nachfolgten.

Dann fährt er mit einem allgemeinen Minnesängerlob (siehe mhd. Text rechts) fort: Er betont, es gäbe viele Nachtigallen, deren süße Sommerweisen dem Herzen wohltun. Ohne zunächst jemanden dabei besonders hervorzuheben, lobt er die Kraft des Minnesänger, zarte Regungen und hohe Gefühle hervorzurufen. Der Ependichter verneigt sich hier vor der großen Kunst der Liedschöpfer. Aber wer soll diese Sängerschar anführen, so fragt Gottfried, seit die Nachtigall von Hagenau (also Reinmar, der Alte) für die Welt verstummt ist? Reinmar war in Gottfrieds Augen derjenige, der die höchste Kunst des Singens in Vollendung beherrrschte, lieblich, schön und voller wunderbarer Variationen; er nennt ihn in einem Atemzug mit Orpheus.

Nach Reinmars Tod sieht Gottfried nur einen Sänger, der das Gefolge anführen könnte: Walther von der Vogelweide. Seine herrliche Stimme, sein Gespür für die richtigen Stoffe und sein Talent, die sehnsüchtige Klage so anzustimmen, dass aus Betrübnis Freude wird – all das hält Gottfried für ganz große Kunst. Dieser Nachtigall mögen die anderen Sänger nacheifern!

Interessant ist, dass der Zeitgenosse und Gottfrieds dichterischer Haupt-Konkurrent, der hoch angesehene Epiker und Sänger Wolfram von Eschenbach, in dieser Aufzählung nicht vorkommt. Dies kommt einem Affront gleich. Offenbar hat Gottfried nicht viel vom hoch gelobten Schöpfer des „Parzival“ gehalten!

Darüber hinaus aber ist sein respektvolles Urteil über seine zeitgenössischen Dichterkollegen auch im Rückblick nicht nur nachvollziehbar, sondern kann auch heute noch Gültigkeit beanspruchen. Gleiches gilt für den Maßstab, den er an gute Dichtung stellt, und an seine Klage über zuviel Blendwerk und Effektheischerei. Die von ihm beklagten dichterischen Untugenden haben über die Jahrhunderte leider immer wieder Nachahmer gefunden.

Die Einheit von Liebe und Leid, die den Minnesang prägt, hat Gottfried zu Beginn des Tristan in wunderbare Worte gefasst:

War umbe enlite ein edeler muot   
niht gern' ein übel durch tûsent guot
durch manege vröude ein ungemach?
swem nie von liebe leit geschach,
dem geschach ouch liep von liebe nie.
Liep unde leit diu wâren ie
an minnen ungescheiden,
man muoz mit disen beiden
êre und lop erwerben
oder âne sî verderben.
Was wär die Liebe ohne Leid?
Es gibt die beiden nur zu zweit!
Denn wahre Freude, die entsteht,
Erst, wenn man Leid zu zweit besteht,
Und wer den Kummer gar nicht kennt,
Weiß nicht, wie heiß die Minne brennt.
Man kann die zwei nicht scheiden,
Man muss mit ihnen beiden
Ehre und Glück erwerben,
Oder ganz einsam sterben.
Tristan und Isolde
Tristan und Isolde, Illustration von Meister Hesse (14. Jh.)
Gottfried von Straßburg
Gottfried von Straßburg, Miniatur aus der Manessischen Liederhandschrift

Lebensdaten:
Gottfried ist ein Zeitgenosse Walthers und Wolframs; er starb um 1215, sein Geburtsdatum siedelt man zwischen 1265 und 1280 an. Er wird von den Dichterkollegen Rudolf von Ems und Konrad von Würzburg namentlich genannt, darüber hinaus sind Einzelheiten zu seiner Biografie nicht bekannt. Die Herkunftsangabe „von Straßburg“ erscheint aber glaubhaft, dies belegen auch die vielen im Elsass entstandenen Tristan-Handschriften. Das als Fragment hinterlassene Epos wurde später von Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg in unterschiedlichen Versionen zu Ende gebracht, beide beklagen, dass der Tod Gottfried an der Vollendung seines Werkes gehindert habe.


MINNESÄNGERLOB
VON GOTTFRIED

Der nahtegalen der ist vil,
von den ich nû niht sprechen wil:
si enhoerent niht ze dirre schar.
durch daz sprich ich niht anders dar,
wan daz ich iemer sprechen sol:
sî kunnen alle ir ambet wol
und singent wol ze prîse
ir süeze sumerwîse.
ir stimme ist lûter unde guot,
si gebent der werlde hôhen muot
und tuont rehte in dem herzen wol.
diu werlt diu waere unruoches vol
und lebete rehte als âne ir danc
wan der vil liebe vogelsanc.
der ermant vil dicke den man,
der ie ze liebe muot gewan,
beidiu liebes unde guotes
und maneger hande muotes,
der edelem herzen sanfte tuot.
ez wecket vriuntlîchen muot,
hie von kumt inneclîch gedanc,
sô der vil liebe vogelsanc
der werlde ir lieb beginnet zalen.
"nu sprechet umb die nahtegalen!"
die sint ir dinges wol bereit
und kunnen alle ir senede leit
sô wol besingen unde besagen
welhiu sol ir baniere tragen?

Der Nachtigallen gibt es viel,
wovon ich gar nicht sprechen will,
    sie zählen nicht zu dieser Schar,
    denn ihr Gesang erfreut uns ja.
Drum sag ich, ganz des Lobes voll:
    Sie singen grad so, wie man's soll;
wir woll'n sie gerne preisen,
für süße Sommerweisen!
Die Stimm ist klar, ihr Klang ist gut,
das schenkt der Welt den hohen Mut
und tut uns allen tief im Herzen wohl.
Die Welt wär böse, kalt und hohl,
und lebte traurig ohne Klang,
gäb's nicht der Vöglein holden Sang.
Er spornt uns gar zur Liebe an,
verhilft zum rechten Mut dem Mann,
so wächst nun Liebes und auch Gutes,
denn g'rade das bedarf des Mutes,
der edlen Herzen Sanftes tut.
Oh ja! Der Sang weckt uns den Mut!
Er lenkt das Denken tief nach innen,
wenn wir im Lauschen leis beginnen
der Lieb zur Welt ganz zu verfallen.
"Nun sprecht uns von den Nachtigallen!"
Die sind zum Singen längst bereit
und können all ihr Sehnsuchtsleid
im edlen Sange schön beklagen.
Doch wer soll nur ihr Banner tragen?

Original: Gottfried von Straßburg,
Literatur-Exkurs im "Tristan"
Nachdichtung: Lothar Jahn 2012

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