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Dr. Lothar Jahn
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CD
DES MONATS - Das Archiv
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CD-Tipp
Dezember 2010

IRRLICHTER
Rauhnächte
Totentanz
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Obwohl
die beliebte Frauengruppe ja bei ihren vielen
Open-Air-Auftritten Gelegenheit hat, den Sommer ausgiebig zu
genießen, hat ...es ihr die Winterszeit besonders angetan.
Nach
dem Mini-Album "Angelus Ad Virginem" (2005) nun eine weitere Huldigung
an die "Rauhnächte". Von wegen rauh: Der Grundton ist warm und
herzlich, was gleich das zauberhaft-tänzerische
Eingangsstück
klarstellt. Es folgt eine schöne Version des von der
Mittelalter-Prollszene oft böswillig verhunzten "Gaudete", mit
dem
in den Seventies einst Steeleye Span in unnachahmlichem Anglo-Latein
die Charts stürmten. Die Irrlichter-Version bietet mit
schönen Wechseln zwischen Instrumental- und Chorteilen eine
echte
Alternative! Instrumental haben die Irrlichter einen weiteren Schritt
nach vorne gemacht, was sie ausgiebig zelebrieren: Sie musizieren
inspiriert und bei aller spürbaren Konzeption immer noch mit
dem
nötigen Hauch Improviastion, um das ganze nicht akademisch
wirken
zu lassen. Gesangsstücke sind in der Minderzahl: Dabei
dominiert
die Mehrstimmigkeit, die dank Aufnahmen in der Kirche nach kleinem
Kammerchor klingt. Dabei überzeugt vor allem das englische
Renaissancestück "Lully Lullay" aus dem Mysterienspiel "The
Coventry Carol". Insgesamt tendiert das Album in Richtung der
historisch-authentischen Szene, was verblüfft, da die
Irrlichter
ja fast eine Popgruppe sind. Aber als solche sie haben sie inzwischen
ein solches Standing, dass sie auch ihre jüngeren Fans auf
ungewohnte Wege mitnehmen können. (lj) |
CD-Tipp
November 2010

FLOR ENVERSA
Senher Dalfin - Les chansons du troubadour Peirol et de Na Castelosa
Doppel-CD, Enversa
DoCD hier bestellen für 20 Euro plus 3 Euro Versand |
Es
hat etwas geradezu Spirituelles, wenn diese drei französischen
Musiker sich in die Welt der Trobadors und Trobairitz versenken. Dabei
ist es egal, ob sie vor wenigen Leuten in ganz kleinen Räumen
spielen oder vor großem Publikum im Dom wie letztes Jahr beim
Europäischen Minnesang-Festival in Braunschweig: Die zarte Liebe,
die sie dieser Musik entgegenbringen, und die Behutsamkeit ihres
Musizierens und Auftretens schaffen eine Atmosphäre der Nähe
und Intimität, die ihresgleichen sucht! Nun also ein Doppel-Album,
mit denen sich die Drei dem Sänger Peirol und der Zeitgenossin Na
Castelosa widmen, von deren vier Liedern zwei hier im Stile Peirols von
der wunderbaren Sängerin und Fidel-Virtuosin Domitille Vigneron
vertont wurden. Vor allem "Ja de Chantar" ist ihr großartig
gelungen! Aber auch die Peirol-Adaptionen sind von ganz eigenem Reiz,
dafür sorgt Thierry Cornillon mit seinem dezent
dahinfließender Gesang und Oliver Feraud mit inspiriertem, oft
improvisiertem Spiel auf diversen Saiteninstrumenten. Besonders
einzigartig klingt seine selbstgebaute kleine "kitara romana", deren
kurze, spitze Töne einen Gegenpol zur Fidel setzen. Das
sehnsuchtsvoll beschworene Zauberwort unserer Tage heißt ja
"Entschleunigung": Wer dieses Doppelalbum von vorne bis hinten
durchhört, hat dafür das beste Mittel an der Hand! (lj) |
CD-Tipp
Oktober 2010

ANDREAS SCHOLL with SHIELD OF HARMONY:
Oswald von Wolkenstein - Songs Of Myself
Harmonia Mundi |
Es ist ein höchst
kultivierter, ja ein
gezähmter Oswald von Wolkenstein, den uns Andreas Scholl hier
vorführt. Man muss sich also vom Oswald-Bild lösen, das man
sich vom ungeschlachten Porträt (vertieft durch Dieter Kühns
Biografie) gemacht hat, sonst wird man die Irritation nicht los. Der
Zugang, den der Countertenor Andreas Scholl mit seiner
faszinierend klaren Stimme und sein inspiriertes Ensemble mit
bekannten Namen wie Kathleen Dineen, Marc Lewon, Margit Übelacker
und
Crawford Young (Leitung) wählen, führt tatsächlich
über den
Hohen Sang. Die oft mit leicht spöttischem Beiklang vorgetragene
Charakterisierung Oswalds als "letzter Minnesänger" wird
ernstgenommen, wobei auch die Einbettung im Umfeld der
Renaissance vor allem in den dezent schwingenden, lichtdurchfluteten
Instrumentalstücken spürbar wird. Die klanglich
hervorragende
Einspielung setzt einen bewussten Gegenpol zur
spielmännisch-ungehobelten Oswald-Interpretation. Anstelle von
überbordender Percussion und manch Getröte und Geschray
regieren die gezupften, gestrichenen und
geschlagenen Saiteninstrumente. Dass der Scholl aber nicht nur
schön
kann, zeigt er, wenn er ins Baritonfach wechselt. So tönt "Durch
Barbarei, Arabia" geradezu neidhartisch. Dieser Oswald wirkt
gleich vertrauter! Insgesamt setzt die Einspielung der
Oswald-Rezeption eine neue, durchaus interessante Nuance hinzu. Das
64-seitige (!), mehrsprachige Booklet bringt alle gesungenen Texte,
ergänzt um Informationen zu Oswald, zum Solisten und zum Ensemble.
(lj)
|
CD-Tipp
September 2010

ENSEMBLE FÜR FRÜHE MUSIK AUGSBURG
Trobadors, Trouvères, Minnesänger
Christophorus
CD hier bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand |
Schön,
dass Christophorus hier das Album von 1984 neu aufgelegt hat. Damals
waren die Augsburger mit ihrem beherzten Zugriff aufs Material noch
Neuerer in einer Welt der historisch-authentischen Interpretation.
Inzwischen sind sie selber Klassiker. Hört man in diese Sammlung
hinein, dann merkt man, wie sich Interpreten von Wünnespil und
Minnesangs Frühling bis hin zu Holger Schäfer, Freiburger
Spielleut, Oni Wytars und Ioculatores von diesem Ensemble in
Rhythmisierung, Instrumentation, Klanggebung, ja sogar Interpretation
haben inspirieren lassen. Zu hören sind eher bekanntere Werke vom
Linden- und Lerchenlied bis hin zu "En Mai" und Hits aus den Carmina
Burana wie "Vident prata" und "Tempus transit gelidum". Wobei der
Minnesang im engeren Sinne nur mit je einem Walther und einem Neidhart
präsent ist. Allerdings ist mit dem lateinischen "Dulce solum"
ebenfalls aus den Carmina Burana eins der traurigsten Minnelieder
überhaupt zu hören. Solchen schlicht und eindrücklich
interpretierten Dokumenten des Liebesleids, zu denen auch die zum Ud
gesungene "Lauzeta" gehört, stehen zupackende Tänze
gegenüber, die gute Laune machen und schon auf den Stil
späterer Augsburger Werke wie dem grandiosen Neidhart-Album
verweisen. Ein schönes Wiederhören! (lj) |
CD-Tipp
August 2010

SPIELLEUT IRREGANG
Golias
Eigenvertrieb
CD hier bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand
|
Nein,
es geht nicht um diesen Riesen, den David einst mit seiner Schleuder
niederstreckte. Der hieß "Goliath". "Golias" (auch "Goliarden")
ist ein anderes Wort für die umherziehenden Vaganten und
Scholaren, die das kulturelle Leben im hohen Mittelalter mit Sang und
Klang bereicherten. Ihre Werke finden sich z.B. in den "Carmina
Burana", aber auch in den vergleichbaren Liedersammlungen von Cambridge
oder Notre Dame. Neben fröhlichen, nur manchmal auch
melancholischen Liebesliedern und Zechgesaängen steht vor allem
beinharte Kirchen- und Gesellschaftskritik. Offenbar konnten sich die
auf ihrer Reise ungebundenen angehenden Kleriker, die ebenso
hochgebildet wie vom jugendlichen Feuer durchdrungen waren, noch
ungestraft manche Frechheit erlauben. Die dem Rausch der Pfeifen
erlegenen Musiker von Irregang fühlen sich von diesem Geist
offenbar beflügelt und haben eine schöne Zusammenstellung von
bekannten Reißern und bislang kaum beachteten Perlen aufgenommen.
Ausgetüftelte Arrangements mit deutlichem Rhythmuskick sind zu
hören, darunter auch einige gelungene Eigenvertonungen. Als
Dreingabe gibt es die Ougenweide-Coverversion "Das Badehaus", die schon
auf dem Tribut-Sampler für viel Kritikerlob sorgte. Die Aufnahme
hat für eine Mittelalterproduktion ungewöhnlich viel Druck im
Bassbereich, es gibt also frische Kost für Kopf und Bauch. (lj) |
CD-Tipp
Juli 2010

LES HAULZ ET LES BAS
Ad Modum Tubae -
Montalbane
Raumklang
> Rückblick auf Montalbâne 2010.
CD hier bestellen für 12 Euro plus 3 Euro Versand
|
Zum
20-jährigen Jubiläum des Mittelalter-Musikfestivals
"Montalbâne" in Freyburg/Unstrut erschien eine CD des
mitreißenden Ensembles "Les Haulz et les Bas" aus dem anderen
Freiburg. Die Gruppe legte im letzten Jahr ein furioses
Eröffnungskonzert hin, das live mitgeschnitten
wurde und nun auf CD vorliegt. Nachempfunden wird hier die Musik der "Alta Capella", also
Musik, die vor allem der städtischen Repräsentation diente. Da kam es
auf Lautstärke und Glanz an, aber auch auf Virtuosität, denn
schließlich wollten wichtige Ereignisse feierlich begangen sein
und auch die Musik war ein Aushängeschild. Die hier vorgestellten Beispiele
reichen vom archaischen Quintklang bis hin zum fast schon symphonischen
Arrangement. Denn die international formierten Blasmusiker um das
charismatische Musikerpaar Ian Harrison und Gesine Bänfer,
ergänzt um die hervorragende Percussion des Lokalmatoren Michael
Metzler, beschränken sich natürlich nicht nur auf die repräsentative
Pflicht. Als Kür kommt eine unbändige Spielfreude hinzu,
ja, eine wahre Lust am Experimentieren mit dem musikalischen
Material, die das Freyburger Publikum geradezu von den Kirchenbänken
fegte. Die CD gibt diese Stimmung in gewohnter Raumklang-Qualität
auch klanglich hervorragend wider. (lj) |
CD-Tipp
Juni 2010
DIVERSE
Tribut an Ougenweide -
Minne, Rock und Zaubersprüche
Emmuty Records/Totentanz
> Rückblick auf das Tribut-Konzert auf Burg Falkenstein.
>> Ougenweide-CD-Paket: 10 CDs für 120 Euro hier.
>> Alle Texte.
Da
die CD von www.minnesang.com initiiert wurde, haben wir den
Ougenweide-Kenner David Klingenberger um eine Rezension gebeten.
Vielen Dank!
|
Mit
dem Begriff „klassisch“ wird gemeinhin all das umschrieben,
was Merkmale einer als allgemein gültig akzeptierten Reinform in
sich vereint und somit als formvollendet und harmonisch gilt. Viele
Kompositionen von Ougenweide sind in diesem Sinne als echte Klassiker
der Mittelalterszene einzustufen. Wer in dieser Szene Rang und Namen
hat, kennt und interpretiert ganz selbstverständlich die eine oder
andere musikalische Perle von Ougenweide. Zum 40jährigen Bestehen
von Ougenweide zollt nun die Minnesang- und Mittelalterszene der
„Mutter aller Mittelalterbands“ Tribut und spielte exklusiv
für diesen Sampler eine Auswahl der bekanntesten
Ougenweide-Klassiker neu ein. Die stilistische Bandbreite ist enorm und
zeigt, in welch unterschiedliche Richtungen die bunte Mittelalterszene
aktuell strebt. Unter dem Motto „Vertrautes mal ganz
anders“ stehen da melancholisch-keltische Klänge von den
Irrlichtern („Wan si dahs“), Triskilian („Wol mich
der Stunde“) und dem Duo Gesine Bänfer & Ian Harrison
(„Ouwe“) neben einem metallischen Gothic-Kracher eines
Marcus van Langen („Der Rivale“). Das Musiktheater Dingo
verbreitet mit seiner Version des „Gerhard Atze“ gar
erdiges Blues-Feeling und Holger Schäfer kleidet das Stück
„Der Blinde und der Lahme“ in ein ganz neues, luftiges
Prog-Rock-Gewand. Historisch-authentische Interpretationen wie
etwa von Fundevogel ("Merseburger/Ougenweide") runden das Bild ab. Auf
das bloße Nachspielen der Originale wollte sich keiner der
Beteiligten beschränken. Eine weise Entscheidung, da die Originale
von Ougenweide schlichtweg zu stark sind. Das Ergebnis ist jedenfalls
beeindruckend: Keine der Interpretationen ist misslungen oder
langweilig. Ganz im Gegenteil, die Neueinspielungen atmen ganz viel
Spielfreude und machen auch beim wiederholten Hören einfach
Spaß. Wie auch immer es mit Ougenweide weitergehen mag: Das von
ihnen entfachte Feuer brennt heller denn je und die Fackel des
Minnesangs wird weitergetragen. Ein höchst gelungener und
würdiger Tribut an eine großartige Band! (dk) |
CD-Tipp
Mai 2010

LES DERNIERS TROUVÈRES
Vers l'Etoile
Des Chansons sur Mesure
CD hier bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand |
Zwar
folgen die Trouvères auf dem Bild einem Stern - passend zur
Vorweihnachtszeit, als dieses Album in Frankreich erschien. Doch der
Stern ist nicht im engeren Sinne christlich zu verstehen, es ist
eindeutig die Liebe, "dy Minne" in all ihren beglückenden,
insofern passt diese Empfehlung auch gut in den "Mayen". Die
hochprofessionelle Gruppe um die Sängerin Marie Milliflore und den
Sänger Francois Bourcheix strahlt eine warmherzige Lebendigkeit
aus. Davon konnte man sich beim Europäischen Minnesang Festival in
Braunschweig letztes Jahr überzeugen! In ihre eigenen Lieder
fließen musikalisch und historisch Themen aus dem Mittelalter mit
ein, sie sind jedoch mit ihren bunten Arrangements und
mitreißenden Refrains, die immer direkt ins Ohr und ins Herz
zielen, ganz modern. Auf diesem schönen Album klingen sie ein
wenig nachdenklicher und zurückhaltender als bei den vorherigen
Werken, es entsteht eine schöne Verbindung aus Chanson und
historischem Instrumentarium. Für Abwechslung sorgen die sehr
unterschiedlichen Stimmen und Interpretationsweisen von Marie und
Francois, ergänzt um herrliche Chöre und Instrumentalparts.
Wer sich gern verzaubern lässt, ist eingeladen, mit auf die Suche
nach dem Stern zu gehen! (lj) |
CD-Tipp
April 2010

DIVERSE
Merseburger Zaubersprüche - Eine Hudigung an Ougenweide
mit Poeta Magica, In Extremo, Ursel Peters,
Die Irrlichter, Holger Schäfer, Hans Hegner, Musiktheater
Dingo, Triskilian, Galahad, Skandor, Gesine Bänfer, Oni Wytars,
van Langen, Duivelspack
Dingo Musik und Theater e.V./Emmuty Records
CD hier bestellen für 10 Euro plus 3 Euro Versand |
Die
"Merseburger Zaubersprüche" in der Vertonung von Ougenweide sind
ein Klassiker der Mittelalterszene: Das Lied ertönt an Lagerfeuern
zur Gitarre, mit Dudelsack und Trommeln auf Märkten und auch viele
Mittelalterrocker haben's im Programm. Viele halten die Melodie trotz
ihres Siebziger-Jahre-Folk-Flairs für ein mittelalterliches
Original oder, wie ein hartnäckig verbreitetes Gerücht
besagt, für eine "Pavane aus dem 15. Jahrhundert". Alles
längst widerlegt: Die Melodie wurde vom kürzlich verstorbenen
Frank Wulff
am heimischen Harmonium für das legendäre
Ougenweide-Album "All die weil ich mag" (1974) komponiert. Im
Rahmen des 40-jährigen Geburtstags der Minne-Rocker und als
Ableger des im Mai bei Emmuty Records erscheinenden Tributalbums
gibt es vorweg ein 22-minütiges Konzeptwerk, bei dem sich einige
der bekanntesten Akteure der Mittelalter-Musikszene den
Zaubersprüchen widmen. Im Gegensatz zum ähnlich gelagerten "Palästinalied"-Album
agieren hier die Musiker nicht nacheinander, sondern miteinander! Man
kann das siebenteilige Werk als orchestrale Suite, ja Symphonie
hören, die sich aus der großartigen Melodie und die
magischen Worte um Befreiung aus Gefangenschaft durch die Kraft weiser
Frauen entwickelt: vom Dunkel über Hoffnung, Klage, Kampf und
Suche bis zur Erlösung und zum ekstatischen Freudenfest im Tanz!
Es ist schön zu hören, mit viel Liebe und Begeisterung alle
Akteure sich dieser "Huldigung an Ougenweide" mit einem Konzeptalbum
ganz im Stil der Siebziger Jahre widmen. Sogar andere Vertonungen des
Textes von In Extremo und Duivelspack werden musikalisch schlüssig
eingefügt. Ein Juwel zum Jubiläum! (gl)
>> Mehr Informationen hier.
>> Ougenweide-CD-Paket: 10 CDs für 120 Euro hier. |
CD-Tipp
März 2010

FLOR NOUVELE
Femmes Troubadours - Chants D'Amour
Troba Vox
CD hier bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand!
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Auf
den ersten Blick haben es die Franzosen gut: Im Gegensatz zum deutschen
Sprachraum gibt es dort überlieferten Minnesang, der von Frauen
verfasst wurde. Bei uns dichten zwar Meister wie Walther und der
Kürenberger auch mal aus weiblicher Perspektive (siehe Linde und
Falke), aber der Gedanke an eine Minnesängerin wirkt erstmal
befremdlich. Bei den Gedanken an die Trobadors klingt einem gleich das
unsterbliche "A chantar" der Comtesse Beatriz de Dia im Ohr. Es gab
immerhin soviele vergleichbare Damen, dass sie mit "Trobairitz" sogar
eine eigene Bezeichnung bekamen. Sie stellen immerhin 5% der
Trobadordichtung. Leider sieht es bei der Überlieferung der Musik
schon wieder schlechter aus, hier ist die erwähnte perfekte
Beatriz-Melodie ein einsames Juwel. Weitere Trobairitz blieben namenlos, ihre Lieder wurden anonym überliefert. Das Duo Flor Nouvele mit Evelyn
Moser und der begnadeten Fidelspielerin Domitille Vigneron (Flor
Enversa, Perceval) ist deshalb auf Kontrafakturen von Ventadorn,
Raimbaut oder Peirol angewiesen. Trotzdem spricht hier die Stimme der
mittelalterlichen Frau auf eindringliche Weise: Die sehnsuchtsvollen
Gesänge einer Tibore de Sarenom oder Na Castelhoza stehen den Meisterwerken ihrer bekannteren männlichen
Kollegen in nichts nach. Eine verdienstvolle, längst
überfällige Produktion von zurückhaltender
Schönheit! (lj) |
CD-Tipp
Februar 2010

OUGENWEIDE
Herzsprung
Große Freiheit/Bureau B
CD hier bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand!
> Tribut an Ougenweide:
Im April erscheint der Sampler der Mittelalterszene bei Emmuty Records, im Juni gibt es die Veranstaltung auf Burg Falkenstein. Mehr hier.
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Das
Ougenweide-Jubiläumsjahr geht gut weiter! Nach der
Wiederbegegnung mit Minne Graw gibt es nun also das lang erwartete
Ougenweide-Studioalbum, das erste nach eineinhalb Jahrzehnten! Im
Gegensatz zu "Sol", das in synthetischen Klängen geradezu badete, hat
man sich bei "Herzsprung" Natur pur verordnet. Zum
Klingen kommen Instrumente, die die Gebrüder Wulff aus aller
Herren Länder nach Hamburg ins heimische O-Ton-Studio gebracht
haben. So erklingen in trauter Eintracht Tritonshörner, Launedda,
Duar, Koto, Monochord und manch andere exotische (oder historische)
Köstlichkeit. Ougenweide gelingt es, aus einer deutlich
gereiften Perspektive an die Siebziger anzuknüpfen. Mechthild von
Magedeburgs "Dy minne", die brillante Merseburger
Zauberspruch-Vertonung "Phol ende Uuodan" und "Der welsche Tanz"
klingen ganz wie in den besten Tagen. Allerdings ist an die Stelle
der jugendlichen Unbefangenheit von einst die
Klangsensibilität eines an Musik und Erfahrung reichen Lebens
getreten! Die Arrangements sind über Jahre gewachsen und wurden
mit Liebe zum kleinsten Detail ausgearbeitet. Neben dem von Olaf
Casalich
beseelt und rhythmisch zupackend gesungenen Pferdezauber "Phol ende
Uuodan", über dem ein herrlicher fünfminütiger Spannungsbogen
liegt, gibt es ein weiteres Meisterstück: Sabine Maria Reiß
interpretiert
geradezu entrückt das tieftraurige "Ich sachs eins mals", in dem
sich die Liebessehnsucht des Glogauer Liederbuches mit den
Schmerzen aus Blues und Klezmer verbinden. Die Band, die Vorbild
für die gesamte Mittelaltermusikszene ist, beschließt ihr
Album augenzwinkernd mit einem einminütigen Epilog vom Kaliber
"Merseburger Spieluhr". Ein reifes Werk von abgeklärten Musikern,
die wissen, worauf es im Leben ankommt - vergleichbar nur noch mit den aktuellen
Produktionen von Sting oder Peter Gabriel! (lj) |
CD-Tipp
Januar 2010

MINNE GRAW
Ausgeträumt
Sireena |
Die
Plattenfirma Sireena hat nach den beiden Ougenweide-Live-Alben "Ouwe
war" und "Wol mich der stunde" einen weiteren Schatz geborgen: Minne
Graw, lange Zeit "die Stimme" von Ougenweide hat Mitte der 80er Jahre
ein Soloalbum aufgenommen, für das sie damals keine Plattenfirma
fand. Lange staubten die Bänder in der Schublade vor sich hin. Nun
eröffnet Sireena das Ougenweide-Jubiläumsjahr (vor 40 Jahren
wurde die Band gegründet) mit einem Paukenschlag: Bandkollege
Frank Wulff hat den Klang auf digitalen Stand gebracht und das Ganze
klingt trotz 80er-Jahre-Keyboard- und Drum-Machine-Sounds erstaunlich
frisch und zeitlos. Nachdenkliche, persönliche, abgeklärte
Pop-Songs mit Anspruch, fernab vom Minne-Rock, das ganze tendiert eher
in die Richtung Ina Deter und Ulla Meinecke. Der Titelsong ist sogar
ein kleines Meisterstück, Minne philosophiert über
Desillusionierung und das Erwachsenwerden. Das Stück gibt den
Gesamttenor vor: Minne Graw präsentiert sich als Frau, der keiner
mehr etwas vormachen kann und die Kraft aus sich selber zieht.
Texte und Musik sind übrigens durchweg aus eigener Feder, Minne
singt (oft mehrstimmig) besser als je zuvor und spielt die
Tasteninstrumente, die Wulffs unterstützen sie kräftig mit
Bass, Gitarre und Blasinstrumenten. Musikalisch reizvoll ist auch der
Ausklang, eine Hymne an die Nacht, leider hat der Sound dieser
"Demoversion" stark unter den Jahren gelitten, doch der gelungene
Chorsatz erstrahlt selbst noch in der leicht angezerrten Wiedergabe! (lj) |
CD-Tipp
Dezember 2009
ARS CHORALIS COELN/
ONI WYTARS
Canto Novello: Maria!
Raumklang
|
Ars
Choralis Coeln und Oni Wytars sind zwei feste Größen in der
Mittelaltermusikszene, die sich aber neben ihrer Ensemble-Arbeit immer
gerne auch einmal auf kreative Begegnungen mit anderen Künstlern
einlassen. Hier nun die erste Gemeinschaftsarbeit der beiden Ensembles:
Italienische Marienlieder aus dem späten Mittelalter sind zu
hören. Die "Jungfrau, Geliebte, Mutter und Königin der
Himmel" wird besungen, beschworen, nein: bejubelt! Mit dieser Sammlung
von Lauden erklingt ein lautes "Freue dich, oh Christenheit"in einer
begeisternten Intensität, die an Gospel-Gottesdienste erinnert.
Die beiden Ensembles malen mit fantasievoll-lebendigen Interpretationen
inklusive umwerfend schönem Chorgesang ein farbenfrohes,
opulentes Gegenbild zu den melancholisch-zurückhaltenden Klängen, die wir von historisch-authentischer
Mittelalterinterpretation gewohnt sind. Auf diesem Album wird mit
herrlichen Stimmen - allen voran Peter Rabanser, ganz in seinem
Element! - die spirituelle Begeisterung erfahrbar gemacht, die
dem sonst oft kargen mittelalterlichen Leben quer durch fast alle
Gesellschaftsschichten Glanz, Sinn und Hoffnung gab. Hier ist es: das ultimative
Weihnachtsgeschenk! (lj) |
CD-Tipp
November 2009

FLOR ENVERSA
Savis e fols - Les chansons du troubadour Raimbaut de Vaqueiras
CD kaufen für 15 Euro plus Versand
|
Das
Trio Flor Enversa aus Südfrankreich widmet sich mit großer
Liebe den Liedern der Trobadors in der alten okzitanischen Sprache. Mit
wieviel Hingabe Domitille Vigneron, Thierry Cornillon und Olivier
Ferraud das tun, konnte man im Oktober in Braunschweig bei ihrem
Konzert im Braunschweiger Dom zum Europäischen Minnesang-Festival
erleben. Das aktuelle Album widmet sich ausschließlich der Musik
von Raimbaut de Vaqueiras, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt
durch sein Lied "Kalenda Maya", dessen zündende Melodie er nach
den Worten seiner letzte Strophe er einer Estampie der Spielleute
abgelauscht hat. Es ist ein Lied der Werbung und Verführung, von
Hoffnung durchdrungen, was bei Flor Enversa in einer überirdische
Heiterkeit mündet. Der Grundton des Albums ist aber weniger
hoffnungsfroh, am traurigsten und tiefsinnigsten gelingt Flor enversa
die Interpretation von "No m'agrad'iverns", dem Lied eines
verzweifelten Kreuzfahrers, der mit der Liebsten alle Fröhlichkeit
und alles Glück in der Heimat zurückließ. Das dritte
Stück, bei dem Flor Enversa Meisterschaft entfalten, ist
"Salonic", die Improvisation über einer Vaqueiras-Melodie, in
deren Klängen die längst vergangene Epoche in all ihrer
Schönheit und Widersprüchlichkeit neu ersteht. Alles in allem
ein ruhiges Album, die langen Lieder des Trobadors erfordern
Konzentration und Kontemplation. Sänger Thierry, aber auch seine
ebenso genialen Begleiter mit selbstgebauten Fideln, Lauten und
Flöten meiden die großen Gesten. Wer sich aber auf die
feinen Nuancen einhört, wird mit großer Innigkeit belohnt.
(lj) |
CD-Tipp
Oktober 2009

LES DERNIERS TROUVÈRES
À la Taverne médiévale
Des Chansons sur Mesure
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Ein
fröhliches Mittelalterfest in einer Taverne in Paris oder Nancy
oder Montpellier - das kann man nicht oft miterleben. Doch dafür
gibt es ja diesen Tonträger. Was auf den ersten Höreindruck
überzeugt, ist der unbändige Charme der Derniers
Trouvères. Hier wird kein rüdes Rittermahl gefeiert, bei
dem die fettigen Knochen mit abgenagte Fleischresten durch die Gegend
fliegen. Bei den Trouvères hat alles Charme und Stil. Die
Arrangements sind frisch, klug durchdacht und gehen gut nach vorne los.
Das i-Tüpfelchen setzt aber der Gesang, diese herrlichen
Frauenstimmen und dazu der liebenswerte Francois Bourcheix, der
mit seinem warmherzigen Humor betört. Ab und zu blitzt mal eine
bekannte Melodie auf, etwa aus den Carmina Burana (natürlich "In
Taberna") oder aus der Sammlung des British Museums (ein Saltarello), doch diese fröhliche Truppe macht aus allem etwas
Eigenes! Die CD schenkt übrigens auch einen optischen Eindruck,
neben 14 Musikstücken gibt es ein Video von "La Taverniole",
das ebenfalls viel Charme hat. Die CD einfach herumdrehen, dann kann man Video gucken! Also: "Hola, Tavernier", schenk
ein, so macht das Feiern Spaß! (lj)
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CD-Tipp
September 2009
VOCAME
Kassia -
Byzantinische Hymnen der frühesten Komponistin des Abendlandes
Christophorus
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"Das Weib schweige in
der Kirche", das verfügte schon der alte Paulus im Korintherbrief.
Im vierten Jahrhundert erweiterte man dieses Verbot auf den Gesang, und
Kirchenvater Hieronymus forderte um 380, die christliche Frau möge
nicht einmal wissen, "warum Flöte, Leier und Zither gefertigt
wurden", so sehr fürchtete man, dass weibliche Sinnlichkeit das
gottesfürchtige Tun stören könne. Das Tabu wirkt bis in
die Gegenwart nach, man denke an die Kämpfe von Frauen, sich in
den großen Orchestern unserer Tage einen Platz zu erobern, und
die in der Musikgeschichte grob
unterrepräsentierten Komponistinnen. Das Frauen-Ensemble VocaMe um
Syrah (Estampie), Elisabeth Pawelke (Faun) und Sabine Lutzenberger
(Ensemle Frühe Musik Augsburg) präsentiert nun erstmals auf
CD die Werke einer ganz frühen Vertreterin dieser Spezies: Kassia,
die lang vor Hildegard von Bingen bereits im 9. Jahrhundert bewies, wie
gut es ist, wenn Frauen nicht mehr schweigen. Qntal- und
Estampie-Mastermind Michael Popp hat die in Neumen notierten Werke in
klangschöne Formen gebracht: Sechs Frauenstimmen, nur ab zund zu
dezent instrumental begleitet, versenken sich in meditativ-spirituelle
Klänge. Die größte Leistung ist, dass die
stimmgewaltigen Damen ihr Ego zurücknehmen zugusten eines
Gesamtklanges, an dessen Ausgewogenheit akribisch gearbeitet wurde.
Manchmal wünscht man sich fast etwas weniger Kammerton und etwas
mehr Spontaneität. Denn Kassia,, Tochter einer adligen Familie,
hatte ihren eigenen Kopf: Obwohl sie als Schönheit galt,
verschmähte Kaiser Theophilos sie wegen ihres frechen Mundwerks
als Gattin. Sie mischte sich selbst politisch ein, unterstützte
verfolgte Mönche, wurde verfolgt und ausgepeitscht.
Schließlich gründete sie ein Kloster und wurde
Äbtissin. Dabei komponierte sie fast fünfzige Hymnen, von den
viele nach wie vor in der griechisch-orthodoxen Liturgie in Gebrauch
sind. Es ist ein großes Verdienst von VocaMe, ein Großteil
dieses beeindruckenden Gesamtwerkes hier fürs breite Publikum zu
erschließen! (lj)
|
CD-Tipp
August 2009
|
Das
französische Ensemble Perceval bietet hier einen mehr als
schönen Querschnitt durch die Meisterwerke in allen vier Sprachen
der Minnetradition. Am meisten zu Herzen geht die
in dezente Arpeggien und zarte Fidel- und Flötenklänge
verwobene Version des Richard-Löwenherz-Liedes aus der
Gefangenschaft, hier zeigt sich Jean-Paul Rigaud als Meister der
Zurückhaltung. Auch Jaufre Rudels Maienklage an die ferne,
unerreichbare "Lieb so fern" wird von Katia Caré in der
nötigen Melancholie
dargeboten. Die versierten Musiker, die das
Fachwissen der historisch-authentischen Interpretation mit bestechender
Empathie und Improvisationskunst zu verbinden verstehen, ziehen nur an
wenig stellen das Tempo etwas an: Vor allem bei den gleich fünf
Neidhartliedern, hier besticht das tänzerische Instrumental "Wol
dir liebe summerzeit" und die immer wirkungsvolle
"Meienzît". Der zweite Dichtersänger aus dem
deutschsprachigen Raum ist
dann wieder Walther, dessen Palästinalied wie
mindestens eine Cantiga de St. Maria (hier die Nr. 139) auf keiner
Mittelalter-CD fehlen darf. Am überzeugendsten klingen die
inspiriert aufspielenden Franzosen bei den Liedern der romanischen
Tradition. Wer "Alla Francesca" oder "Flor Enversa" mag, wird auch
"Perceval" lieben! (lj) |

DIVERSE
Spruchgesang und Sachsenspiegel
Verlag der Spielleute
CD kaufen für 15 Euro plus Versand
mit
Jörg Peukert, Holger Schäfer, Ensemble Unicorn, Triskilian,
Christoph Mächler, Frank Wunderlich,
Musiktheater Dingo, Hans Hegner, van Langen, Ougenweide, Elster
Silberflug, Die Ungelichen, Ensemble Lucidarium, Dagmar Jahn
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Das Album verbindet
politische, moralische und religöse Lieder aus dem 12. und 13.
Jahrhundert mit Zitaten aus dem Sachsenspiegel, die vom bekannten
Rezitator Jörg Peukert ("Ioculatores") vorgetragen werden.Die
Sprechtexte, die grundsätzliche Fragen des mittelalterlichen
Rechtes ebenso behandeln wie ganz konkrete Fälle des damaligen
Alltags, stehen in direkter Beziehung zu den musikalischen
Beiträgen. Mal als Ergänzung oder Kommentar, manchmal auch
als Kontrast! Das Spektrum der Interpreten mittelalterlichen
Spruchgesangs ist sehr breit: Stars der historisch-authentischen
Mittelalterinterpretation wie das italienische Ensemble Lucidarium oder
die Tiroler Gruppe Unicorn gehören ebenso dazu wie die bekannten
Minnesänger Holger Schäfer, Frank Wunderlich und Christoph
Mächler (Schweiz). Die Folk-Rockband Ougenweide ist ebenso zu
hören wie die modernen van Langen und Weltmusiker Triskilian.
Die 70er-Jahre-Folkband Elster Silberflug kombiniert Carmina Burana mit
Elektronik und der Berliner Sänger Hans Hegner lässt die
Reichsklage Walthers mit einer jazzigen Improvisation ausklingen. Trotz
aller Experimentierfreude stellt das Album eine ernsthafte
Auseinandersetzung mit der Tradition der Sangspruchdichtung dar, die im
Mittelalter eine ebenso große Rolle spielte wie der Minnesang. (gl) |
CD-Tipp
Juni 2009
|
Minnesänger Knud
Seckel legt hier den Mitschnitt eines Konzertes im Pfälzer Schloss
Großumstadt vor. Er verdichtete das Nibelungenlied auf die
Liebes- und Treueverwicklungen zwischen Siegfried und Kriemhild,
Gunther und Brünhild. Er erzählt die Geschichte bis zur
Ermordung Siegfrieds und der Versenkung des Nibelungenschatzes im
Rhein, der blutrünstige zweite Teil mit Kriemhilds Rache bleibt
ausgespart. Trotz der
Beschränkung enthält der Stoff genügend dramatisches
Potential, das von dem genialen Sänger, Rezitator und
Instrumentalisten voll ausgeschöpft wird. Eine gotische Harfe,
eine Rahmentrommel, eine Langhals-Laute und eine Symphonia werden
im geschickten Wechsel eingesetzt, um die Handlung zu unterstreichen.
Die erstaunlich tief klingende Laute mit ihren langen Resonanzen steht
für die Bosheit des Verräters Hagen; die Harfe erklingt
immer, wenn sich die Minne zart entfaltet; Zuspitzungen der Handlung
werden vom raumfüllenden Klang der Symphonia unterstrichen; die
Trommel kündet von Bedrohlichem. Dazu
singt Seckel die Verse des Nibelungenliedes auf mitelhochdeutsch im
„Hildebrandston“, der aus dem 16. Jahrhundert
überliefert ist. Dass dies trotz dauernder Wiederholung nicht
langweilig wird, ist die erstaunlichste Leistung des Akteurs.
Variationen gelingen ihm durch Wechsel in Tonart und Begleitung, durch
ausdrucksstarke Interpretation und den Einschub gesprochener Passagen
sowie eine wohlkalkulierte Dynamik. Sehr wichtig sind auch die
Überleitungen zwischen den Auszügen aus dem Epos, in denen er
in heutiger Sprache die Entwicklung der Handlung zusammenfasst. Neuer
Zugang zum Klassiker! (lj)
|
CD-Tipp
Mai 2009

DIVERSE
European Minnesang Festival
mit
Flor Enversa, Triskilian, Christoph Mächler, Holger
Schäfer, Les Derniers Trouvères, Thierry Cornillon, Davide die Giannantonio, Frank Wunderlich,
Musiktheater Dingo, Hans Hegner,
Knud Seckel, Marián Krejcík, Irrlichter, Karmína, Francois Berchoix, Dagmar Jahn, Dulamans Vröudenton
Verlag der Spielleute
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|
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Zum Braunschweiger Kaiserjahr lockt ein hochkarätiges Europäisches Minnesänger-Festivalmit
Teilnehmern aus sieben Ländern. Die meisten davon sind
auf dieser CD zu hören, die meditativ zurückhaltend mit einer
Improvisation der französischen Gruppe "Flor Enversa" beginnt.
Erstaunlich ist bei der großen räumlichen Entfernung
der Akteure die Summe an musikalischer Gemeinsamkeit: So
unterschiedliche musikalische Musiker wie Davide di Giannantonio, Knud
Seckel, Triskilian und Karmína entwickeln verschiedene Facetten
einer fast schon gemeinsamen
musikalischen Vision höfischer Kultur zur Zeit Kaiser Ottos IV.,
zu dessen 800. Krönungsjubiläum das Album mit dem Untertitel
"Hêr keiser, sît ir
willekomen" entstand. Walther von der Vogelweides "Ottenton" mit an den
Kaiser gerichteten Sangsprüchen ist so
auch in unterschiedlichen Versionen zu hören. Dazu gibt es
Trobador-Gesänge aus der Feder von Beatriz de Dia oder Raimbaud de
Vaqueiras, den davon inspirierten deutschen Minnesang von Friedrich von
Hausen
bis Rudolf von Fenis sowie ein wenig mittellateinische
Scholaren-Dichtung (so z.B. eine Art Finale mit "Celum non animum"
aus den
Carmina Burana in einer deutsch-französischen
Gemeinschaftsaufnahme von Musiktheater Dingo, Holger Schäfer,
Frank Wunderlich und Flor Enversa). Am Ende stehen fröhliche
Spielmannsklänge: "Les Derniers
Trouvères" begeistern sich an der "Fabuleux Héritage",
die
uns das Hochmittelalter hinterlassen hat. Die hier versammelten
Akteure widmen sich dieser Erbschaft mit Liebe und Respekt. (gl) |
CD-Tipp
April 2009
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Die Ioculatores sind
seit zweieinhalb Jahrzehnten das Aushängeschild für
anspruchsvolle Mittelaltermusik aus Deutschlands Osten. Mit akribischem
Quellenstudium, authentischem Instrumentarium und großer
Improvisationsfreude widmen sie sich dem Hoch- und
Spätmittelalter. Aus den Aktivitäten der Gruppe entstanden so
wichtige Institutionen wie das Freyburger Montalbâne-Festival, das "geteilte spîl" auf der Wartburg und das Raumklang-Label. Neben drei Konzeptalben zu den Themen Vergänglichkeit ("Media vita..."), Weihnachten ("frofro") und Elisabeth von Thüringen ("Vita St. Elisabethae")
liegt mit diesem schlicht "Ioculatores" genannten Werk ein
Überblick über die vielen Facetten ihres Schaffens vor. Neben
eigenständigen Interpretationen von Klassikern von Guillaume de
Machauts "Quant je sui..." oder "Trotto" (mal anders rhythmisiert!),
"Saltarello" und "La rotta" aus dem British Museum gibt es auch fast
vergessene Perlen. Zum
Beispiel Wizlaw von Rügens mitreißendes Herbstlied, hier in
einer zupackenden Instrumentalversion, wie überhaupt die Stimme
bei diesem Album nur eine Nebenrolle spielt. Als
Entschädigung bietet Sänger Robert Weinkauf aber zarte Minne
vom Feinsten mit Morungens "Lanc bin ich geweset verdaht" zu einer
Trouvères-Melodie. Weitere Vokalstücke sind Walthers
"Gerhard Atze" mit allen drei Strophen, Neidharts "Blozen", "Wol auff"
und "Her wiert" von Oswald, alles beliebte Gassenhauer, bei denen nach
all der dezenten Melancholie die Lebensfreude aufschäumt. Aber im
Gegensatz zur Derbheit vieler Kollegen der Mittelalterszene Ost
verlassen die Ioculatores nie die höfisch-kultivierte Sphäre,
wofür schon Susanne Ansorgs zarte Fidelklänge und Kay Krauses
variationsreiches Lautenspiel sorgen. Am 21. Juni 2009 wollen sie auf
dem Montalbâne-Festival ihr Schaffen Revue passieren lassen. Hoffentlich kein Abschied für immer! (lj) |
CD-Tipp
März 2009
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Keiner, der die
Mittelaltermärkte in Deutschland bereist, ist ihnen noch nicht
begegnet: Die Rede ist von den Detmolder Spielleuten Duivelspack,
bekannt für freches Mundwerk, schönen dreistimmigen
Satzgesang und einen mehr als freimütigen Umgang mit der
Tradition. Und nun das: ein „musikarchäologisches“
Projekt mit dem hohen Anspruch, sich wissenschaftlich fundiert der
Musik der Germanen zu nähern! Würden die drei ihre Lust an
derben Späßen, poppigen Chören und jazzigen Harmonien
so weit zügeln können, um aus einem Projekt, das eher einem
Benjamin Bagby angestanden hätte, keine Lachnummer zu machen? Nun,
die drei haben althochdeutsche Aussprache studiert, sich von
modernistischen Musikklischees gelöst und Instrumente wie Knochen-
und Hornflöten, die posaunenartigen Lyren und die Trossinger Leier
(eine Art Harfe) bauen lassen, dazu gibt es viel Getrommel aller Art.
Das Ergebnis kommt mal meditativ, mal rhythmisch perkussiv auf ein
Album, das mit den fünf Duivelspack-Vorgängern wenig gemein
hat: Die drei bewegen sich über weite Strücken wirklich
einige Kulturstufen rückwärts und versuchen, den echten
Ethno-Sound der alten Germanen neu zu erfinden. Am besten gelingt das
bei einer zarten Dreiton-Hymne an „Germania“ und dem durch
Ougenweide bekannten Merseburger Zauberspruch über die
Walküren, dessen Sprachmelodie allein schon große Musik ist.
Der fast schon groteske zweite Merseburger Spruch über das Fohlen
mit dem verrenkten Fuß lässt als rhythmischer Sprechgesang
Raum für kleine ironische Brechungen, wie sie sich in den
abschließenden „Verhaltensregeln“ aus der Edda
(einziger hochdeutscher Beitrag) voll entfalten. Das sind die
„Spielleut zu Theotmalli“, wie man sie kennt.
Ambitioniertester Beitrag und mit 7:32 Minuten längster Beitrag
ist das tragische Hildebrandslied, das in seiner streng
durchkomponierten Form zwischen Deklamation, dramatischem Dialog, Chor-
und Sologesangs-Teilen trotz altem Instrumentarium die kulturelle
Rückreise in die Gegenwart antritt und irgendwo zwischen
Brecht/Weill, „Bohemian Rhapsody“ und Neuer Musik ankommt.
Insghttp://shop.duivelspack.de/esamt ein außergewöhnliches Album, wie man es von
Duivelspack als allerletztes erwartet hätte. Man darf gespannt
sein, wie das ganze live umgesetzt wird! |
CD-Tipp
Februar 2009
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Das
italienische Ensemble Lucidarium widmet sich auf diesem Album mit
Hingabe nicht nur den alten Franzosen von Ventadorn über Vidal und
Espinal bis Guiot de Provins, sondern erfreulicher Weise auch vier
deutschen Sängerdichtern, wobei eher der Spruchgesang als die hohe
Minne (Ausnahme: Rudolf von Fenis) zum Tragen kommen. Walther
wird mit einer Instrumentalversion des Reichstones bedacht, der
hier mal ganz losgelöst von der Erdenschwere des Textes als
mediterran angehauchter Tanz herüberkommt - die Aufforderung, sich
vom Stein zu erheben und mitzutanzen, ist unüberhörbar. Das
Ensemble entfacht südlich-folkloristisches Feuer bei den
schnelleren Tempi. Im Gesamtklang dominieren aber die besinnlichen
Töne. Meisterhaft gelingen die Umsetzungen zweier
Konrad-von-Würzburg-Stücke: Die Winterklage über die
Bosheit der unbelehrbaren Sünder schier frösteln, die
"Schlange Aspis" kommt dann als Schmähung der Schnorrer bei Hofe
bitter-sarkastisch auf den Punkt. Das Gotteslob Meister Boppes
schließlich bringt den Trost in einer Acappella-Version im
beseelten Wechselgesang zwischen Frauen- und
Männerstimme. (lj) |
CD-Tipp
Januar 2009
DIE IRRLICHTER
Goldstück
Totentanz
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Dass
sie echte Goldstücke sind, die Damen von Deutschlands bekanntester
Mittelalter-Frauentruppe, hat sich inzwischen schon weit
herumgesprochen. Beim neuen Album wurde das Gold noch einmal richtig
poliert: Wunderbare Klangqualität, edles Coverdesign,
großartige Fotos im Booklet. Musikalisch besticht die inzwischen
auch instrumentale Vielseitigkeit, ohne dass der direkte Charme der
Irrlichter dabei auf der Strecke blieb. So gelungen die
ausgedehnten Instrumentalteile auch sind, am umwerfendsten sind die
Damen einfach, wenn sie singen. Geradezu süchtigmachend ist die
Coverversion von "Wan si dahs", dem ironischen Minnelied Gottfried von
Neiffens, das von Ougenweide so wunderbar neu in Töne gesetzt
wurde. Die Eingangsflöte erinnert ein wenig an "My heart will go
on", doch das Lied trauert eher um die verpasste Chance einer kurzen
Liebelei als um die ewige Liebe, die den Tod überdauert. Und geht
trotzdem dermaßen zu Herzen, dass man das Lied immer wieder
hören will! Der Chorsatz ist einfach perfekt. Gleiches gilt
für das Crossover mit Duivelspack bei "La Marmotte": Die Stimmen
harmonieren großartig, der neue, freche Text um Sinn und Unsinn
der Jungfernschaft kommt auch gut auf den Punkt. Klasse! (lj) |
CD-Tipp
Dezember 2008
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CDs der
Spielmannszunft werden auf dieser, ganz dem Minnesang gewidmeten Seite
nur selten besprochen. Aber die Ungelichen verdienen eine positive
Erwähnung, machen sie's doch wirklich auf ihre ganz eigene Art.
Dass nur drei Musiker am Start sind, wird auch auf der CD nicht
kaschiert, der Minimalismus ist stilbildend. Gerade die luftig
abgespeckten Arrangements, die natürlich vom einzelnen eine viel
größere Kunstfertigkeit fordern, sind das große Plus
des Trios. Tatsächlich schafft man es, auf immer wieder
wechselnden Instrumenten ansprechende Klänge hervorzubringen -
dabei überrascht die Vielseitigkei. Beim mittelalterlichen
Spielmann soll ja das Beherrschen von 7 Instrumenten Pflicht gewesen
sein, das schaffen Matthias Arin, Frank Pfetzing und Piers Ford locker.
Schön auch die Dominanz der warmen, weichen Klangfarben und des
kultivierten Spiels - unterm Diktat der
"Nackten-Oberkörper-Fraktion" auf den Märkten sehnt man sich
nach mehr davon. Das Repertoire bringt die Marktklassiker, drei
besondere Highlights sind zu erwähnen: Das Kühhorn des
Mönchen von Salzburg als spielwitzige Bläsernummer, ein
originelles "Fas et ne fas" mit der stimmungsvoll vorgetragenen
neuhochdeutscher Nachdichtung von Carl Fischer über Chorgesang und
schließlich, mein Favorit, das herrlich minniglich geratene
Frühlingslied "Veris dulcis", ebenfalls aus den Carmina Burana.
(lj) |
CD-Tipp
November 2008
THE DOWLAND PROJECT
& JOHN POTTER
Romaria
ECM
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Der
Name des Ensembles täuscht: Musik von John Dowland wird man auf
dieser CD vergeblich suchen. Statt dessen erklingt Meditatives aus
Hochmittelalter und Renaissance. Das Spektrum reicht von der
Liedersammlung "Carmina Burana über fromme Sangsprüche vom
"Kanzler" und vom Wolkensteiner bis hin zu Josquin Desprez, Orlando die
Lasso und Hans Neusiedler. Im Mittelpunkt steht der Gesang des
britischen Ausnahmetenors John Potter, sehr lange beim
Hilliard-Ensemble zuhause, später durch seine Gruppen Red Byrd und
Hyperion bekannt. Die beseelten, fast immer in ruhigem Tempo
vorgetragenen Gesänge zu Laute, Fidel und wechselnden
Blasinstrumenten scheinen zunächst den strengen Regeln
historischer Aufführungspraxis zu gehorchen. Erst im 5. Track
bemerkt man, das man sich auf einer CD des Labels ECM befindet und die
hervorragenden Improvisationen bekommen einen leicht jazzigen
Einschlag. Bald versenken sich die Interpreten sich aber wieder ganz in
die Historie. Erste Entdeckerschritte in die Funktionsharmonik werden
vorsichtig mitgegangen, doch am stärksten - und zeitlosesten -
musizieren die vier zurückhaltenden Musikanten mit einem Bordun
als Grundlage, wobei sie nur gelegentlich das historisierende
Klanggewand ablegen und im Hier und Jetzt ankommen. Ein Gegengift
gegen die allgegenwärtige Hektik! (lj) |
CD-Tipp
Oktober 2008
LES DERNIERS TROUVÈRES
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Die
Abtei von Cluny war im Mittelalter noch prächtiger und
größer als das Zentrum der Kirche in Rom. Das
Benediktinerkloster unterstand direkt dem Papst, von hier aus
wurden mehr als 1000 Klöster kontrolliert, die Äbte
waren Ratgeber von Kaisern und Königen. Ein wenig vom alten Glanz
strahlt noch herüber in unsere Zeit. Die französische Gruppe
"Les Derniers Trouvères" widmet sich auf ihrem Konzeptalbum
über Cluny der "ewigen Stadt" mit viel Liebe. Zwar erklingen viele
mittelalterlichen Instrumente und ab und zu werden Minne- und
Troubadourlieder zitiert, doch wirkt das ganze trotzdem geradlinig und
frisch, wofür nicht nur die Texte im heutigen Französisch
verantwortlich sind. Der charismatische Chanson-Sänger Francois
Bourcheix und seine ebenso sympatische Sangeskollegin Marie Milliflore
machen zusammen mit einer punktgenauen Rhythmusgruppe und herrlichem
Satzgesang die Cluny-Songs zu 3-Minuten-Perlen, die ebenso "catchy"
daherkommen wie gute Pop-Songs. Alles andere als verstaubte
Traditionspflege! (lj)
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CD-Tipp
September 2008
KARMIÌNA
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Karmína durfte
ich anfangs der 90er Jahre auf der Karlsbrücke in Prag live
erleben. Diese ungewöhnliche Straßenmusik virtuoser
tschechischer Folklore beeindruckte mich so sehr, dass der Name im
Gedächtnis haften blieb. Welche Freude, den ebenso virtuosen wie
vitalen Tschechen nach eineinhalb Jahrzehnten nun wieder zu begegnen:
Rosen, die sonst im Verborgenen blühen, werden hier mit
großem Instrumentarium und beseeltem Gesang ans Licht geholt. Das
bekannteste Stück ist noch Neidharts "Winder", ansonsten gibt es
Überraschungen zuhauf. Man fragt sich zum Beispiel, warum ein
mitreißender Ohrwurm wie Reinmar von Zweters "Dy mynne ist gut"
nicht anderswo zu hören ist! Ein besonderes Lob gilt dem Bass
Mariam Krejczik, der dem altspanischen "Cedit frigus hiemale" besondere
Tiefe verleiht, während Co-Sängerin Jana Havlová mit
ihrem stets präsenten Sopran ein Grundbestandteil des
Karmína-Sounds ist. Bis ins Kleinste ausgefeilte Arrangements
und wunderbarer Chorgesang - man höre nur das grandiose "Quantas
sabades" aus dem "Cantigas de Amigo" - machen das Album zum Muss für
alle Freunde einer kreativen Auseinandersetzung mit der Tradition. Als
Höhepunkt steht am Ende eine siebenminütige Version der viel
zu wenig gespielten Cantiga de Santa Maria Nr. 59, die hier eine geradezu meditative
Sogkraft entfaltet. Karmína plant ein ganzes Album mit Cantigas,
darauf kann man sich schon freuen! (lj) |
DIVERSE
Falken, Lerchen, Nachtigallen
mit
Vinkoop, Wünnespîl, Christoph Mächler, Holger
Schäfer, Olaf Casalich, Jochen Faulhammer, Frank Wunderlich,
Musiktheater Dingo, Gisbert Ostermann, Marcus van Langen,
Thomas Schallaböck, Hans Hegner,
Knud Seckel, Meister Frauenlob, Wilfried Staufenbiel, Michael Hoffkamp, Dagmar Jahn, Dulamans Vröudenton
CD kaufen für 15 Euro plus Versand
Heckenreiter
Texte der CD hier!
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Die Minnesänger liebten es, ihre
Lieder mit einer Naturschilderung zu beginnen, um aus der Beobachtung
der Welt ringsum Bezüge zu ihrem eigenen Seelenleben herzustellen.
Oft dient dabei auch die Vogelwelt als Ausgangspunkt der
Überlegungen - so auch bei zwei der berühmtesten Minnelieder,
dem "Lerchenlied" Bernart de Ventadorns (hier gleich in zwei Versionen
mit Knud Seckel und Dagmar Jahn zu hören) und dem "Falkenlied" des
Kürenbergers, von Hans Hegner in einer wagemutigen Version zu
mittelalterlichem Instrumentarium und dem Drumset (!) des
Ougenweide-Schlagzeugers Olaf Casalich dargeboten. Casalich bietet
selber dann eine sympathische Neufassung des Ougenweide-Klassikers vom
Fuchs und Raben dar. Es wird viel ausprobiert: Die Nachtigall Walthers
fliegt von der Linde mal zu herrlichen Streicherklängen (Michael
Hoffkamp), dann zum satten Metal-Blues (Marcus van Langen). Holger
Schäfer, Minnesänger des Jahres, bietet eine herzergreifende
Fassung von Morungens Schwalben-Lied, musikalisch trotz
Troubadour-Kontrafaktur schon dem Geist der Renaissance nahe. Wilfried
Staufenbiel setzt mit Reinmar von Hagenau zu orientalisch
anmutenden Wehklagen an, Wünnespil und Gisbert Ostermann sorgen
mit Neidhart für fröhlich-derbe Akzente. Spaßig ist
auch die Falkenlied-Parodie des Mönchen von Salzburg in der
Version von Dulamans Vröudenton. Insgesamt ein sehr farbenfrohes
Album, einer Auftragsarbeit für die Burg Falkenstein (Harz). (lj) |
CD-Tipp
Juli 2008
Schwarze Kunst
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"Vertraue auf die schwarze Kunst", das
ist der Rat des singenden Hexenmeisters Marcus van Langen. Er erprobt
sich hier als Alchemist, der unter dem Murmeln von Zaubersprüchen
funkelnde Elixiere und wundersame Pülverchen zu einer brodelnden
Mischung zusammenbraut. Die Zutaten hat er sich wie immer frech
zusammengeklaut, um sie dann auf seine ganz eigene Art aber dem
magischen Prozess der Verwandlung zuzuführen. Nun, wir hören
Herrn Markus' markigen Gesang und die stets treibende Cister,
unterstützt von allerlei Percussion und zart umspielt von
geradezu betörenden Streichern und den luftigen Harfen-Arpeggien
des Salzburger Gastes Dolores Rauter. Auch beim Gesang tut ein
weiblicher Gegenpol dem Sängersmann immer gut, nach dem Abschied
von Sabine "Mandhttp://shop.duivelspack.de/http://shop.duivelspack.de/ragora" Stelzer ist jetzt Juliane la Fey an seiner
Seite. Sie überrascht bei John Dowlands "If my complaints"
mit dezentem Wohlklang, um dann beim
Carmina-Burana-Frühlingsgruß "Tempus est iocundum" (schon
bekannt von der "Minne-im-Mayen"-Compilation) ganz das geile Vollweib
von der Leine zu lassen. Was bringt des Alchemisten Zauber? Gold? Den
Stein der Weisen? Ewiges Leben? Grenzenlose Liebe? Egal, die Mischung
schmeckt und belebt. (lj)
|
CD-Tipp
Juni 2008
BÄRENGÄSSLIN
Der Mönch von Salzburg
Pläne
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Der Mönch von Salzburg war ein
ganz besonderer Mönch: Er pries nicht nur Gott, seinen Sohn, die
Jungfrau Maria und die Heilige Elisabeth im gebotenen Ton und schrieb
das berühmte Weihnachtslied "Joseph, lieber Joseph mein". Nein, er
war offenbar auch der Welt und dem weiblichen Geschlechte zugetan -
zumindest im Geiste, wie manches derb-fröhliche Lied mit deutlich
erotischem Ton verdeutlicht! Vielleicht versteckte sich der Dichter und
Sänger, in dem manche sogar den Erzbischof Pilgrim II. (1365-1396)
höchstpersönlich vermuten, deshalb hinter einem Pseudonym.
Glücklicherweise war er als gelehrter Geistlicher der Notenschrift
mächtig, so dass wir auch seine Musik kennenlernen können.
Dieses stark vom deutschen Folk-Revival geprägte Album mit seinen
Liedern erschien 1980 als LP, von der zumindest ein Teil des Materials
überspielt wurde, wie nostalgisch stimmendes Knistern
belegt. Es wird eröffnet mit der berühmten
Falkenlied-Parodie "Ich het czu hannt geloket mir", die zeigt, dass der
Mönch auch vor der allerheiligsten Minnesang-Tradition keinen
allzu großen Respekt hatte. Er begegnet uns hier als etwas
schrullliger, liebenswerter Geselle, der sich an Essen und Trinken, den
Blumen und der Liebe - sprich: Gottes schöner Schöpfung - zu
freuen versteht. Eine lohnenswerte Wiederentdeckung!
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DIVERSE
Minne im Mayen
Verlag der Spielleute
mit
Unicorn, Wünnespîl, Christoph Mächler, Holger
Schäfer, Olaf Casalich, Jochen Faulhammer, Frank Wunderlich,
Estampie, Musiktheater Dingo, Reinhold Schmidt, Marcus van Langen,
Thomas Schallaböck, Capella Antiqua Bambergensis, Hans Hegner,
Knud Seckel, Dulamans Vröudenton
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> Noten von Mailiedern gibt es hier.
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Nachdem der Frost endlose Monate lang
die Menschen des Mittelalters hinter ihren zugigen Mauern festhielt,
trieben die Sonnenstrahlen zur heiß ersehnten "Meienzît"
alle mit Macht ins Freie: Die Knospen sprangen auf, die Mädchen
holten die lichten Gewänder aus den Truhen, der Winter wurde
endgültig davon gejagt. Zeit für viele schöne neue
Minnelieder rund um den "Mayen", denn selbst die ungnädigste
"vrouwe" sieht in diesem Licht noch herrlich aus! Anlässlich des
Minnesänger-Wettstreits 2008 auf der Clingenburg wurden auf
dieser CD einige der schönsten Minnelieder in
frühlingsfrischen Interpretationen zusammengetragen: Das
eröffnende "Meie dîn liehter schîn", mit seiner
zündenden Melodie von Unicorn wirklich hinreißend
interpretiert, gibt die Richtung vor. Neidhart, der Held des Mayen, ist
dann auch gleich mit fünf Liedern zu hören, der
verführerische Wizlaw mit dreien. Aber auch Raritäten aus der
Feder von zu Unrecht vergessenen Barden wie Brunwart von Aughem, Otto
zum Turm, dem Schulmeister von Esslingen und natürlich dem
einstigen Clingenburger Hausherren Conrad von Bickenbach sind
dabei. Die sehr ungerschiedlichen Interpretationen loten
farbenprächtig und sinnenfroh das breite Spektrum aus, dass die
Szene zwischen Knud Seckel und Estampie, zwischen Capella Antiqua und
Marcus van Langen zu bieten hat. (lj)
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Die Spielleute von Spellbound aus Gotha
gehen eigene Wege. Die Albernheiten musikalischer Markt-Analphabeten
sind ihnen ebenso fremd wie staubtrockene Interpretationen aus dem
Studierzimmer. Das ewige Bummbumm "mittelalternativer"
Oben-ohne-Spielmänner ist schon gar nicht ihre Sache! Das
"Volkskunstensemble" (Gothaer Allgemeine) hat sich seit einem guten
Jahrzehnt seine eigene Nische erobert, was sich auch im Repertoire
niederschlägt: Eher ausgefallene Sachen erklingen auf der
Debüt-CD vom letzten Jahr. Aber auch Altbekanntem gewinnen
Spellbound neue Farben ab: Schon das Anfangsstück "Aia zin", das
auch beim Friedrich-II-Album von Oni Wytars den mitreißenden
Opener lieferte, überzeugt durch kräftige
morgenländische Farben, die es dem Ensemble ohnehin angetan haben.
Südländisches, Balkanklänge, sephardische Melodeyen,
galizische Tänze - man sieht, die "Volkskunst" ist offen für die
Einflüsse vieler Völker! Wenn die Gruppe dann noch
singt, kreiert sie ihren ganz eigenen Sound. Man lausche nur der
skurril-schönen Hymne auf die "Isola Bella", mit der Spellbound übrigens
auch der 5. Pax-et-Gaudium-Sampler eröffnet. Oder
"Scribere proposui", einem eher ernsten Conductus aus dem 13.
Jahrhundert, der hier zum hinreißenden Ohrwurm wird!
(lj)
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Nun, wo alles gen Oldenburg eilt, um
die Ausstellung über Friedrich II zu erleben, wird es Zeit, an
eine CD zu erinnern, die Impressionen aus dem Wirken des erstaunlichen
Stauferkaisers mit Musik seiner Zeit verbindet. Karsten Wolfewicz ist
hier als genialer Rezitator ganz in seinem Element, sprachmächtig
verbindet er Vorgefundenes aus der Feder von Friedrich und seinen
Zeitgenossen mit lyrisch und prosaisch Verfremdetem. Allein die
lakonische Reportage über Friedrichs verfemten Kreuzzug samt
Selbst-Krönung im Jerusalem, im nüchternen
Tagesschau-Tonfall samt den dazugehörigen Floskeln vorgetragen,
lohnt den Kauf des Albums. Und dann dieser Schluss: Friedrichs
hochphilosophische Fragen, was die Engel und Heiligen da nun eigentlich
so den ganzen Tag vor Gott treiben, geben ebensoviel Stoff zum
Nachdenken wie sein Versuch, die satten kirchlichen
Würdenträger wieder zurück zur urchristlichen Demut zu
zwingen. Dazu dann diese wunderbare Musik, mal folkloristisch, mal
orientalisch-improvisatorisch, mal beseelt-sakral: Immer wird die
Stimmung der Texte aufgegriffen, weiterentwickelt, fortgesponnen. Dazu
Michael Poschs Flötenkapriolen, Marco Ambrosinis herrliche
Fidel-Flächen und der zu Herzen gehende Gesang von Belinda Sykes:
ein Gesamtkunstwerk, wie es nur selten gelingt! (lj)
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CD-Tipp
Februar 2008

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Nach 10 Jahren on Tour wird es Zeit
für ein Live-Album, hier im Doppelpack als Konzertfilm und CD. Was
in den Festsälen von Burgen und Schlössern begann, kann heute
auch das Olympia in Paris füllen: der inzwischen eher
abgeklärte Hardrock-Gitarrengott Ritchie Blackmore (Deep Purple,
Rainbow) an der Seite seiner verträumten Herzensdame Candice
Night, dazu hochkarätige Begleitmusiker und melancholische
Melodien aus uralter Zeit. Das Pariser Konzert besticht durch seine
unverkrampfte Atmosphäre, seine Spontaneität und
Herzenswärme. Blackmore war schon immer ein guter Gitarrist; hier
fällt auf, wie stilsicher er kultivierte Renaissanceklänge
von bluesigen Rocksoli absetzt. Im Mittelpunkt steht aber Candice
Night, die ganz in dieser Musik aufgeht und vor allem bei den Titeln
des "Village-Lantern"-Albums gesangliche Glanzlichter setzt.
Überflüssig sind die immer wieder gern eingestreuten
Klassikzitate von Beethoven bis Vivaldi, zudem hätte man sich
gewünscht, das Frau Night am Ende des Konzertes ihre Schalmei
nachstimmt. Insgesamt aber ein Erlebnis mit der Ballade von der "Old
Village Lantern" als Höhepunkt zum Schluss. (lj)
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CD-Tipp
Januar 2008

VIOLET
The Book Of Eden
Equinoxe
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Kai Meyers "Buch von Eden" ist schon lange kein Geheimtipp mehr - dem
Autor der "Loreley" und des "Nibelungengolds" gelang damit ein
mitreißender Roman zwischen Mittelalter und Mystik. Es geht um eine
heißbegehrte Pflanze mit dem Namen Lumina, die noch aus dem Garten Eden
stammt. Das Ensemble Violet aus Hamm, in seiner Akustik-Variante auch
als Violetta bekannt, hat sich von dem opulenten Epos zu einem
vierteiligen Konzeptalbum inspirieren lassen. Man begegnen mal
spannungsreichen, mal meditativen Klangflächen zwischen gediegener
Elektronik und historischem Instrumentarium. Geprägt wird der Sound
durch den meist mehrstimmigen Frauengesang, den Klang des Hackbretts und
den starken orientalischen Einschlag. Am besten kauft man sich das Buch
gleich dazu, dann erschließt sich die vielschichtige Komposition erst
richtig.
(lj)
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CD-Tipp
Dezember 2007

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Das dänische Quartett Virelai
stellte schon mit "Danser duggen af jorden" seine Klasse unter Beweis.
Nordische Mittelalterklänge werden in höchst reduzierter
Instrumentation, aber mit höchster Intensität dargeboten.
"Havmandens kys" treibt den Minimalstil zur Perfektion: Anna Katring
Eglistroeds oft nur dahin gehauchter Gesang ist von einer magischen,
sehr zerbrechlichen Schönheit. Dazu werfen Leier und Schalmei,
Mandola und Laute, Davul und Santur inspirierte Farbtupfer ins
Arrangement, voller Zurückhaltung, Respekt und Verzauberung. Das
alte Lied von "Sillibrand", schon ein Höhepunkt des
Vorgängeralbums, wird hier noch inspirierter dargeboten. Insgesamt
herrscht ein melancholischer Tonfall vor, "Den Gode Branle" gibt
aber auch ein köstliches Beispiel unterkühlten
Seefahrer-Humors. Inzwischen ist das Quartett als "Valravn" mit
druckvolleren Arrangements auf Tour, doch "Havmandens Kys" bleibt das
Meisterwerk der virtuosen Reduktion. (lj) |
CD-Tipp
November 2007

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"Spielleute Gottes sollt Ihr sein!" Das
war das Credo des Heiligen Franziskus, der die christliche Welt Anfang
des 13. Jahrhunderts auf den Kopf stellte. Gemeint war, dass die
christliche Verkündigung sich aus den Klostermauern nach
draußen begeben sollte, um das Volk zu erreichen. Das bezog sich
auch auf die Musik: Franziskus liebte die Gesänge der Troubadoure,
Ähnlich Schönes und zu Herzen Gehendes wollte er auch aus dem
Kehlen frommer Männer hören. Das internationale Ensemble "Vox
Resonat" (4 Sänger und zwei Instrumentalisten) unter Leitzung von
Eric Mentzel folgt dem Rat des Herrn von Assisi. Es widmet sich auf
diesem Album ausschließlich der Gattung der "Lauda" im
mittelalterlichen Italien. Das musikalische Spektrum aus insgesamt 3
Jahrhunderten ist sehr breit, es reicht vom monophonen Gesang (hier
gibt es tatsächlich Anklänge an die romanische
Minne-Tradition) bis hin zur ausgefeilten, teils manirierten Polyphonie
späterer Zeiten. Der stets glockenklare Gesang der vier Herren aus
Japan, USA, Deutschland und Australien wird zeitweise dezent begleitet
von Fideln, Laute und Viola da Gamba. Ein Gottesdienst für die
Ohren! (lj)
|

|
Die Cantigas de Santa Maria sind so
etwas wie ein Weltwunder der Musik: Mitte des 13. Jahrhunderts
versammelte Alfonso X, zurecht als "der Edle" gerühmt, an seinem
Hof die besten Musiker aus aller Herren Länder, um der Jungfrau
Maria zu huldigen. Das Erstaunlichste ist die Homogenität des
Gesamtwerkes, das aus diesen höfischen "Sessions" entstand: Mehr
als 400 Gesänge, alle aus einem Guss, mit vielfachen musikalischen
und inhaltlichen Bezügen, streng geordnet und durchnummeriert:
Jedes 10. Stück ist ein Lobgesang an die Heilige Jungfrau,
dazwischen gibt es erhabene Wunder-Geschichten und skurrile Legenden
über das segensreiche Wirken Marias im Alltag des einfachen
Volkes. Ein solches Epos, das in Ausmaß und Ausführung
allenfalls mit der chinesischen Mauer vergleichbar ist, läasst
sich natürlich auf einer einzigen CD nicht adäquat abbilden.
Doch da die Gesamtaufnahme im 30-CD-Schuber auf sich warten
lässt (Spielzeit: mindestens 2 Tage), gibt die hoch inspirierte
Einspielung von "Unicorn" die ultimative Einführung ins Werk. Denn
trotz der erfreulichen Vielfalt der Darstellungsformen vom
A-cappella-Gesang über die intim begleitete Ballade bis hin zum
mal volkstümlich-derben, dann wieder hochvirtuosen Musizieren,
bleibt die ordnende Hand des kunstsinnigen Mäzens auch hier noch
spürbar. (lj)
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CD-Tipp
September 2007

MINNESANGS
FRÜHLING
Ich zôch mir einen falken
(Verlag der Spielleute)
CD kaufen für 15 Euro plus Versand bei minnesang.com
> Noten von Minne- und Troubadourliedern gibt es hier
|
Herzlichen
Glückwunsch zum Doppelsieg beim Minnesänger-Wettstreit 2007
in Spangenberg an Knud Seckel! Er errang den Lorbeer im August vor
allem mit einem mitreißenden Acht-Minuten-Stück, das
Walthers "Under der linden" mit dem französischen "En mai"
verband. Das Stück ist exemplarisch für dieses Album, das
hiermit noch einmal empfohlen sei: Seckel und seine Begleitmusiker von
"Minnesangs Frühling" legen Wert auf die enge
Beziehung,
die zwischen dem deutschen Minnesang und den romanischen
Troubadourgesängen
besteht. Deshalb hört man die französischen Originale
mit deutschen Kontrafakturen, d.h. Nachbildungen in der selben Reim-
und Strophenform . Dabei
sind
diese manchmal - etwa, wenn Dietrich von Eist Bernhard de Ventadorns
berühmtes
"Lerchenlied" aufgreift - nicht nur Übertragungen, sondern
Neuschöpfungen,
die den "Ton" aufgreifen, um eigene Inhalte zu transportieren. Auch den
arabischen Einflüssen wird nachgespürt. Die Arrangements, die
Seckel mit Hilfe von Britta Wengeler, Jutta Weber, Susanne Paul und
Franz
Dieckmann auf die Bühne bringt, sind meist eher schlicht gehalten,
aber ungeheuer wirkungsvoll und stilecht. Dazu trägt auch die
weiche,
ergreifende Tenorstimme Seckels bei, der in den Liedern aufgeht, ohne
in
der Interpretation zu übertreiben. Verdienter Sieg!
(lj)
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CD-Tipp
August 2007

OUGENWEIDE
Fryheit/Ousflug
(Bear Family)
|
Bear
Family fasst im Rahmen seiner Ougenweide-Gesamtausgabe hier zwei
bemerkenswerte Alben zusammen: Das Konzeptwerk "Fryheit", bei dem sich
Ougenweide vom Mittelalter entfernen und mit der Deutschen Geschichte
von den Bauernkriegen bis zur 48er-Revolution auseinandersetzen. Und
das letzte Ougenweide-Album im bewährten Minne-Rock-Stil mit dem
Namen "Ousflug", auf dem Klassiker wie Walthers "Gerhard Atze" und
Neidharts "Meienzit" zu hören sind. Die Ende der 70er Jahre
entstandenen Werke vereinen spieltechnisches Können,
Begeisterungsfährigkeit und gesellschaftspolitisches Engagement.
"Fryheit", einst für eine ZDF-Serie entstanden, bietet
"Geschichtsschreibung von unten" und braucht den Vergleich mit der
berühmten "Proletenpassion" der Schmetterlinge nicht zu scheuen.
Musik und Gedichte der jeweiligen Zeit werden gekonnt eingearbeitet, es
gibt auch herrliche Chorgesänge. Ousflug ist dann Ougenweide pur,
wie man sie kennt und liebt, mit ausgedehnten Instrumentalpassagen. Wer
die herausragende Band noch nicht kennt, hat hier das ideale
Einsteigerpaket. Für Fans ist das Doppelalbum ohnehin ein Muss!
(lj)
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CD-Tipp
Juli 2007

IOCULATORES, ARS CHORALIS COELN, AMARCORD
Vita S. Elisabethae
Raumklang
CD-Box in Schmuck-Cassette mit 60-seitigem Booklet für 20 Euro kaufen
|
Vor allem Hessen und Thüringen feiern 2007 ausgiebig den
800. Geburtstag der Heiligen Elisabeth. Was bisher noch fehlte, war die
CD mit der richtigen Musik zum Fest! Nun legt Raumklang die angemessen
edle Edition vor - in einer schönen Schatulle mit einem
60-seitigen (!) Booklet inklusive aller Liedtexte, herrlicher Bilder
und kluger Erläuterungen. Dazu gibt es fast 80 Minuten Musik.
Kreative Köpfe des Unternehmens sind die Leipziger Ioculatores,
die sich schon 1998 Elisabeth zuwandten. Ihr damaliges Programm, dessen
roten Faden ein anonymer Legendenroman vom Anfang des 14. Jahrhunderts
bildet, wurde durch Beiträge einer weiblichen und einer
männlichen Schola erweitert: Ars Choralis Coeln und Amarcord
zelebrieren beide höchste Sangeskunst, die nicht effektvoll
auftrumpft, sondern in demütiger Zurückhaltung ihre
spröde Schönheit entfaltet. Die Texte aus dem
volkstümlichen Roman werden von Jörg Peukert auf pointierte
Weise rezitiert, dazu gibt es die stets passend ausgewählte Musik.
Quellen sind diverse geistliche Werke um die vielgepriesen Heilige, so
z.B. die Elisabeth-Offizien "Gaudeat Hungaria" und "Letare Germania",
die Elisabeth-Sequenz des Mönchen von Salzburg und ein
Elisabeth-Hymnus aus Aquilea. Ergänzt wird das ganze mit einner
Prise Carmina Burana einem Hauch ungarischer Folklore und einer
Messerspitze Minnesang und Spielmannskunst. Zur Preisung des
Mäzens (und gewieften Machtpolitikers) Landgraf Hermann
ertönt ein Preislied Wolfram von Eschenbachs im wunderbaren
Titurel-Ton, der von Robert Weinkauf grazil und feinsinnig zelebriert
wird. Walthers Palästinalied, das später den endgültigen
Abschied Ludwigs von seiner geliebten Elisabeth markiert, kommt im
Gegensatz dazu in einer unruhigen, rhythmisch bewegten Version daher,
die gar nicht zur angeblichen Größe und Erhabenheit der
Kreuzfahrer-Mission passen will. Über fast 80 Minuten entfaltet
sich ein Spannungsbogen, der der Chronologie der Ereignisse von Ungarn
über die Wartburg bis nach Marburg folgt, um schließlich im
überirdischen Mönchsgesang mit dem Wort "Elisabeth" zu
verklingen. Alles in allem genau das fehlende i-Tüpfelchen auf die
kulturellen Aktivitäten zum Elisabethjahr! (lj)
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CD-Tipp
Juni 2007

POETA MAGICA
und ONI WYTARS
Lux Orientis
Verlag der Spielleute
CD kaufen |
Garantiert bauchtanzerprobt sei diese
Mischung, die zwei der hochkarätigsten Mittelalterensembles auf
"Lux Orientis" präsentieren, verspricht der Verlag der Spielleute.
Mag sein! Doch der Sampler bietet mehr als eine nette Beschallung
für orientalische Abende. Der Sampler mit Highlights aus den Alben
beider Gruppen erinnert daran, dass die Musikanten des Mittelalters
sich mit viel Gewinn aus dem Schatz der damals weit überlegenen
Kultur des Morgenlandes bedient haben. So scheint das Licht des alten
Orients mit hellem Glanz ins Abendland des 21. Jahrhunderts
herüber. Dass die Chefs von Poeta Magica und Oni Wytars
zufälligerweise fast in direkter Nachbarschaft in Mittelhessen
zuhause sind, wusste der verblüffte Insider bereits. Musikalisch
ist die Entfernung aber ungleich größer, haben beide
Ensembles doch ihr ganz eigenes Profil. Das resultiert schon aus den
Wurzeln her: Poeta Magica, deren Credo "medieval-world-music" ist,
haben ihre
Wurzeln im Siebziger-Jahre-Folk , Oni Wytars gelten als einer der
besten deutschen Interpreten historisch-authentischer
Mittelalter-Klassik. Doch unter den Strahlen des Sonnengottes Ra
lässt sich manche Meile überbrücken: Es sind die Freude
an der Improvisation und das Forscher-Interesse für die
Überlieferung und für nahöstliche Spieltechniken, die
eine Annäherung der profilierten Gruppen ermöglicht. Die
Musik beider Ensembles wurde hier bunt durcheinander gewürfelt,
oft sogar übergangslos aneinandergehängt. So erkennt man
manchmal nur noch am "Sound", wer gerade wirklich spielt: Poeta klingen
basslastiger, die Instrumente wurden aus kürzerer Entfernung
aufgenommen, Oni Wytars sind weiter hinten im Raum positioniert und
setzen von Zeit zu Zeit eine Duftmarke durch hochvirtuose
Unisono-Passagen im aberwitzigen Tempo. Alles in allem weit mehr als
eine gute Dönerbuden-Beschallung: Das Studieren dieser hoch
inspirierten Musik lohnt sich! (lj)
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CD-Tipp
Mai 2007

TRISKILIAN
Do durch der Werlde
Verlag der Spielleute
CD kaufen |
Innigkeit und Frömmigkeit, aber auch vitale Lebensfreude prägen dieses
dritte Album von Triskillian. Sechs Stücke sind bei einer Laufzeit von
einer halben Stunde zu hören, diese wurden jedoch mit Sorgfalt
arrangiert und hochinspiriert in Szene gesetzt. Mit Laudario di Cortoma,
Hildegard von Bingen und Alphons dem Edlen wird die Jungfrau Maria
gepriesen. Herrliche Fidel- und Nyckelharpaklänge treffen auf
magisch-mystische Trommeln und über allem schwebt die wunderbare Stimme
von Jule Bauer, die sich mit vollem Herzen auf die Spur der alten Texte
und Melodien begibt. Dazu bleibt Raum für ausgedehnte musikalische
Fortspinnungen des Materials. Als Gäste sind die immer regen Musikanten
von Oni Wytars dabei und an deren Troubadour-Album erinnert die auch
klanglich hervorragend umgesetzte Musik von Zeit zu Zeit. Zwei
Entdeckung sind zu machen: zum einen das Titelstück von Meister
Alexander (genannt "der Wilde") aus der Jenaer Liederhandschrift - eine
ergreifende Melodie in einer musikalischen Umsetzung, die so schön ist,
dass sie nie enden dürfte. Und der Schluss: "Eno Sagrado en Vigo"
erzählt von einem, der nie die Liebe fand - ähnlich wie das
Trouvères-Lied "De moi doleros", an die der einfache, aber zu Herzen
gehende Ton auch erinnert. Schade, dass das Album nur so kurz ist, es
klingt nach mehr. Dafür stimmt aber auch der Preis!
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CD-Tipp
April 2007

DIVERSE
Miroque - In Taberna
Mondschatten
CD kaufen
> Noten von mittelalterlichen Trinkliedern gibt es hier
|
"Was wollen wir trinken?" Der Sampler
gibt viele Antworten auf diese Frage, die von den Bots dem alten
bretonischen Volklslied "Son ar chistre" unterlegt wurde - hier ist das
Original einer schönen Interpretation von Poeta Magica zu
hören. Mindestens sieben Tage lang kann man diese Sammlung bei
manchem guten Tropfen genießen, dazu den Gassenhauer "All voll"
(Schelmish) oder die Carmina-Burana-Hits "In Taberna" (Saltatio
Mortis) und "Bache bene venies" (Nachtwindheim) mitsingen.
Textschwäche kein Problem, die Texte sind im ausführlichen
Booklet nachzulesen! Damit man für Bier, Wein und
Hochprozentiges eine gute Grundlage hat, kann man Neidhart von
Reuenthals ausführlichen Essempfehlungen ("Würste
größer als mein Speer") folgen, die vom Musiktheater Dingo
verkündet werden. Statt "feisten Kälbern, Ochs und Stier"
kochen sich Duivelspack aber lieber ihre Socken zum Abendbrot. Warum,
das erzählen sie hier im Klassiker "Schockschwerenot"! Die
Streuner loben den Rheinwein und Oswald bringen - was auch sonst? -
einen Klassiker ihres trinkfesten Ahnherren: "Wolauff wir wellen
slauffen". Auch die Folk-Veteranen Liederjan sind mit an Bord: "Lustig,
lustig" heißt ihr Lied, das die Grundstimmung der Sammlung
trifft. Keine Frage: Dieser Sampler rotiert ab sofort in allen
Schenken! (lj)
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CD-Tipp
März 2007

VAN LANGEN
Alte Zeyten
(Gesammelte Jugendsünden)
Curtzweyhl
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Hexenmeister Marcus van Langen blättert im Familienalbum: "Alte zeyten"
werden wieder lebendig. "Gesammelte Jugendsünden" aus den 90er Jahren
wurden hier zusammengetragen, und dafür brauchen sich weder er noch die
ihn begleitnden "Teufels Lockvögel" zu schämen. Mit wuchtigem
MA-Rock-Gedröhne vom Mainstream, der immer stur hinter "In Extremo"
herläuft, hat das zum Glück gar nichts zu tun. Markus hat seine Wurzeln
eher im handgemachten Rock,, erfreulich ist hier aber auch der hohe
Folkanteil und die Experimentierfreude, mit der ab und an mal
Electro-Sounds einbezogen werden. Zusammengehalten wird das ganze durch
Marcus' sympathische Stimme, die bei allem Hang zur Düsternis immer doch
etwas augenzwinkernde Distanz spüren lässt. Man spürt einfach, wieviel
Spaß hier einer hat, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt, sich aber
diebisch an den Klängen freut, die er sich auf seiner Reise in "alte
Zeyten" zusammengeklaut hat. Die Freunde des Minnesangs werden mit zwei
Oswald-Stücken bedient: "Es fugt sich" lebt vom reizvollen Zwiegespräch
zwischen folkiger Mandolinen-/Schalmeiencombo und druckvoller
Rock-Rhythmustruppe - und Markus singt das Lied, als hätte Oswald ihn
direkt auf den Leib geschrieben! "Wolauff wir wollen slauffen" kommt als
kneipen-taugliche Spielmannsmusik mit 70er-Jahre-Folkeinschlag daher.
Nach Palästina geht's bei Marcus selbstredend auch wieder! Hier gibt's
gleich zwei Versionen von Walthers großem Hit: eine instrumentale
Liveversion im besten Markt-Stil und eine eher zurückgenommene, in
tiefsten Tiefen gegrummelte Fassung zu Gitarre und Landsknechttrommel.
Sehr lustig ist schließlich eine Hommage an die frühen Beatles mit
»Attl«, das an »Twist And Shout« erinnert. (lj)
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CD-Tipp
Februar 2007

POETA
MAGICA
Music inspired by the Edda (Vol. 1)
Verlag
der Spielleute
CD kaufen
|
Es war fast unausweichlich, dass dies
eines Tages kommen würde: Die Ausnahmemusiker von Poeta Magica,
die schon immer einen besonders guten Draht in den hohen Norden hatten,
wenden sich nun der "Edda" zu, dieser wichtigsten Quelle nordischer
Mythendichtung. Was anderes als ein Monumentalwerk konnte dabei
entstehen - ein unvollendetes zumal, denn hiermit liegt erstmal Vol. 1
vor! So ein Unterfangen geht man nicht allein an: Mit Katharina
Dustmann und Marco Ambrosini (Oni Wytars) holte man sich zwei versierte
Spezialisten der Klassik-Mittelalterszene ins Boot, auch Gastmusiker
aus Skandinavien wie Tone Hulbaekmo, Nicky Weber und Kristin Halvorson
machten gerne mit. Zudem feierte ein Instrument seine Premiere: die von
Mastermind Holger Funke höchstpersönlich entwickelt
Großbass-Nyckelharpa! So kann Funke nun ein ganzes
Nyckelharpa-Orchester erklingen lassen; noch mehr orchestrale
Klänge tönen gewaltig aus dem Synthesizer. Am schönsten
ist das Album aber, wenn sich tänzerische oder klagende Melodien
aus alter Zeit aus dem mit unzähligen Details und elektronischen
Klangspielereien angereicherten Opus nach vorne arbeiten. Bis wieder
eine Überraschung kommt, sei es nun ein verblüffendes
E-Gitarrensolo, eine unglaublich swingende Jazz-Drum, sphärischer
New Age Sound oder packender Folkpop à la Blackmore's Night. In
seiner Vielfalt erinnert das Ganze ein wenig an die keltischen
Symphonien eines Alan Stivell aus den Siebzigern, gesungen wird
allerdings meist in altnordischen Sprachen. Sicher die bislang
perfekteste Poeta-Produktion! (lj)
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CD-Tipp
Januar 2007

Lena Susanne Norin,
Randall Cook,
Susanne Ansorg:
Triste Plaisir
Raumklang
CD kaufen
|
Die
Chansons von Guillaume Du Fay (1397 - 1474) lassen noch ein wenig die
Troubadour-Tradition erahnen - so etwa das hier klug gewählte
Anfangsstück "Belle, veullies moy retenir" und das ergreifend
dargebotene "Je languis en piteux martire", in seiner Innigkeit der
Höhepunkt des Albums. Vor allem in den Texten findet sich der
ungelohnte Dienst an einer schönen, aber unnahbaren Herrin wieder
- dieses "Triste Plaisir". Musikalisch hat sich die Uhr seit den
Urvätern der sehnsuchtsvollen Minneklagen aber deutlich
weitergedreht, die Harmonik ersetzt als neu entdecktes Ausdrucksmittel
der Renaissance die Unerbittlichkeit und den Trost des Borduns. Im
Gegensatz zu allen Moden wählt das
deutsch-amerikanisch-schwedische Trio die manchmal bis aufs
Äußerste zurückgenommene Interpretationsform: zwei
Streicher und eine Altstimme, dazu noch eine verhaltene Dynamik
verleihen den durchweg sehr melancholischen Liedern eine fast schon
schmerzhafte Intimität, auf die man sich erst einmal einlassen
muss. Hat man das aber getan, kommt man kaum noch los davon.. (lj)
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CD-Tipp
Dezember 2006
CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENSIS u.a.
Codex Manesse
CAB Records
Doppel-CD kaufen für 20 Euro bei Minnesang.com
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Meistens
ist es doch so: Die
einen unterhalten und nehmen es weder mit der Historie noch mit der
Interpretation genau; die anderen sind höchst penibel, aber
klingen so trocken, dass
es staubt. Gut, wenn jemand mal lehrreich und unterhaltsam zugleich
ist! Das neue Album der Capella Antiqua Bambergensis bringt auch einem
noch
ahnungslosen Publikum die große Heidelberger
Liederhandschrift
richtig nahe, bietet aber auch dem Kenner noch Spannendes. In Form
eines Hörbuches, mit viel
Hintergrundinformation zu Minne-Stars wie Walther und Neidhart, aber
auch zu spannenden Outsidern wie Ulrich von Liechtenstein, Otto von
Botenlauben und dem Tannhäuser. Dazu gibt es
Hörspielszenen mit Spitzenstimmen von Könnern wie
Hörbuch-Star Christian Brückner (deutsche Stimme von Robert
de Niro) und einige schöne Musik-Einspielungen der Capella.
Vielleicht
hätte etwas mehr Sang die hervorragende Produktion noch runder
gemacht, dafür gab es aber selten soviel geballtes Wissen
über den
Minnesang in derart bekömmlicher Form. Schulfunk im allerbesten
Sinne
des Wortes! Auf CD 2 gibt es dazu noch Bildmaterial und die Musik pur!
(lj) |
CD-Tipp
November 2006

UNICORN & ONI WYTARS
Carmina Burana
Naxos
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
> Noten der Carmina Burana gibt es hier.
|
Wenn
Unicorn und Oni Wytars zusammentreffen, ist Hochkarätiges
garantiert. Ausgetüftelte Arrangements treffen auf Spielfreude und
improvisatorisches Geschick nach allen Regeln der Kunst. Bei eher
einfach gestrickten Stücken, wie sie die Liedersammlung Carmina
Burana mit ihren zündenden Melodien prägen, sind Fantasie,
Ideenreichtum und virtuoses Geschick erst recht gefragt. Mit der
Preisung des Gottes Bacchus geht es auch gleich richtig rein ins
Getümmel, da dürfen sich die Sänger abwechseln und die
Instrumente ihre Kapriolen treiben, bis alle wieder fröhlich in
den weinseligen Refrain einstimmen. Ganz anders das kunstvoll kanonisch
gestrickte "Procurans odium", ein tiefsinniges Lied, das die
Stärke der Liebenden herausstellt, die ihre Zuneigung gegen alle
Widerstände durchsetzen müssen. Und auch das Lied ums unschuldige Kind
mit seinem Schmählied auf die verfluchten Linden und den angeblichen Harfenspieler, der dann
ein ganz anderes Instrument zückte, wurde selten so
effektvoll dargeboten. Dieses Album ist eine wahre Lust! (lj)
|
CD-Tipp
Oktober
2006

CATHERINE BOTT
Sweet is the Song
Decca
> Noten von Minne- und Troubadourliedern gibt es hier
|
Diese
CD ist ein Wagnis: Kein einziges Instrument erklingt, nur der pure
Gesang ist zu hören. Dazu gehört nicht nur Mut, sondern auch
Können. Catherine Bott kann's: Sie singt mit klarer, heller Stimme
Klassiker des Troubadour- und Trouvère-Gesangs vom Lerchenlied
über Reis Glorios bis hin zu Jaufre Rudels "Lanquan li
jorn". Ein Rhythmus ist oft nur erahnbar, die brillante
Sängerin, die nie auf die ganz großen Effekte setzt,
gestaltet die Melodien frei nach der Sprachmelodie. Ohne den Ballast
von nachmittelalterlicher Rhythmus- und Harmonie-Konventionen klingen
auch bekannte Lieder frisch und neu bzw. auf nie gehörte Art ganz
"alt". Die Schönheit der Melodien kann sich so Strophe für
Strophe entfalten, ein harmonisches Geflecht entsteht durch den Hall im
Raum und den Nachklang im Kopf. Ab und zu bleibt auch Raum für
Humor: Etienne de Meaux' "Trop est mes maris jalos" über einen
langweiligen, aber furchtbar eifersüchtigen Ehemann wird mit dem
nötigen Augenzwinkern vorgetragen. Ein Muss für alle, die
sich der romanischen Tradition des Minnesangs nähern möchten! (lj)
|
CD-Tipp
September 2006

OUGENWEIDE
Ohrenschmaus/Eulenspiegel
Bear Family
CD kaufen
|
Die
Klassiker DER Mittelalter-Pioniere des Krautrocks hätte es
eigentlich längst schon auf CD geben müssen: Dass Polydor
jahrelang auf den Bändern saß, ist ein Skandal. Nun also
widmet sich Bear Family den Folk-Rock-Perlen, und da ist man in guten
Händen: Soundmäßig ist alles im grünen Bereich,
klar und prägnant im Klangbild, aber nicht unnötig
aufgemotzt. Der Zauber der Siebziger wirkt auch heute noch, das klingt
nach Aufbruch, Unschuld und Liebe. Vor allem der "Ohrenschmaus" von
1976 trägt seinen Namen zurecht, es zeigt die Band, die damals mit
ihren legendär langen Konzerten jede Halle zum Feiern und Toben
brachte, auf der Höhe ihrer Möglichkeiten. Mit "Bald
anders" gelang der Band eine vorwärtstreibende Hymne an den Wandel
der Zeit, mit "Owê wie jaemmerliche" wurde der zweite Teil
von Walthers Elegie auf klagend-schöne Weise interpretiert - Minne
Graw hatte dafür genau die richtige Stimme. Dass sie aber auch
witzig sein konnte, zeigt sie bei "Kommt ihr Jungfern helft mir
klagen". Das zweite Album widmet sich ganz den Streichen des witzigen
Revoluzzers Till Eulenspiegel, bietet aber auch zwei furiose
Minnelied-Adaptionen: mit der von Jethro Tull inspirierten höchst
originellen Fassung von Walthers "Wol mich der Stunde" und mit der
traurigschönen Mutter-Tochter-Ballade "Durch den ermel gât
dâz loch" frei nach Neidhart. Man hört, dass die Band wieder
touren möchte. Wenn das stimmt: Freut Euch drauf! (lj)
> Minnesang.com-Interview mit Ougenweide hier!
|
CD-Tipp
August
2006

QNTAL
Silver Swan
Drakkar
CD kaufen
|
Heinrich von Morungens Klassiker "Von den
Elben" haben unlängst auch Faun wunderbar vertont. Wer bei QNTAL
eine Coverversion erwartet, liegt natürlich falsch: Der
schlicht-schönen Umsetzung des tieftraurigen Minneliedes durch die
Kollegen setzen Syrah und Co. eine pathetisch-orchestrale Elfenbeschwörung entgegen,
an der sogar Richard Wagner seine Freude gehabt hätte. Schon
näher am Faunschen Tonfall ist das zweite Minnelied, das sich auf
dem Album findet: Walther von der Vogelweides "Winter", dem die Meister
der elektronischen Mittelalter- Melancholie eine zu Herzen gehende
Melodie verpasst haben. Insgesamt ist das Album gefälliger
ausgefallen als die Vorgänger: Syrahs Stimme schwebt immer
wunderschön, aber ohne große Nuancen über opulenten
Klangflächen, die einen in überirdische Traumwelten
entführen, die man lange zu kennen glaubt. Schön, wenn den
Sphärenklängen dann auch einmal zupackende Rhythmen begegnen, wie bei der
mitreißenden Cantiga Nr. 292 aus der Sammlung des weisen Alphons!
(lj)
|
CD-Tipp
Juli
2006

UNICORN
Minnesang in Tirol - Ich sünge
gerne hübschen sanc
Pneuma
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Das Ensemble Unicorn ist eine
Ausnahmeerscheinung in der Mittelalterszene. Die Arrangements sind
stets kunstvoll und detailverliebt. Nein, das ist nicht der Klang der
Märkte: Diese Musik
spiegelt die Muße
und Verfeinerung des höfischen Lebens wider. So kann man sich
sogar, ohne dass es peinlich wirkt, an die 500.000. Version des
Palästinaliedes wagen - Michael Posch und sein Ensemble legen
einen herrlichen Spannungsogen über den immer wieder gern
gehörten Vogelweide-"Hit". Ein weiterer Klassiker reißt
einem gleich zum Einstieg vom Hocker: Neidharts "Meie din liehter
schin" glänzt im zupackend-tänzerischen Arrangement. Doch
Unicorn beschränkt sich nicht aufs Altbekannte: Wunderbare
Entdeckungen sind zu machen, etwa Rumelants Frauenpreis aus der Jenaer
Liederhandschrift zur herrlichen Harfenbegleitung im Tone Meister
Frauenlobs. Oder Friedrich von Sonnenburgs wilde Beschimpfung des losen
und verlogenen Mundwerks, von Sänger Hermann Oswald im heiligsten
Zorn herausgeschleudert. Überhaupt: Oswald ist ein
Ausnahmetalent, vom "hübschen sanc" bis zum großen Ausbruch
zieht der stimmgewaltige Tenor alle Register. Mit eindrucksvollem Bass
steht ihm Joel Frederiksen zur Seite. Ein Muss für Freunde edler
Minneklänge, die am Ende noch mit Hermann Damens Loblied auf die
alten Meister Reinmar, Walter, Robin und Neidhart belohnt werden! (lj)
|
CD-Tipp
Juni
2006

DUIVELSPACK
In Teufels Küche
www.duivelspack.de
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Der Teufel steckt im
Detail, das erfahren wir schnell, wenn das
charmanteste Trio der Mittelalterszene seine schmackhaften Gerichte
zusammenkocht.
Und auf die kleinen, aber feinen Details, die den Sound unverwechselbar
machen, verstehen sie sich nun mal: Wunderbare dreistimmige Sätze,
warmherziger Humor und einfallsreiche Arrangements, die zwar den Geist
von Pop und Jazz geatmet haben, aber ihn ganz anachronistisch in
fröhlich-akustische
Spielmannsarrangements packen! So kennt und liebt man die Detmolder.
Wer
die ersten drei Alben mochte, kann hier bedenkenlos zugreifen. Der
"Traubentritt"
ist ein böser, aber überfälliger Seitenhieb auf den
Dillettantismus
vieler Marktmusikanten; "Nummus - Geld" aus den Carmina Burana zeigt
eindrucks,
wie wenig sich eigentlich seit dem Mittelalter in bestimmten Bereichen
geändert hat. "Und etwas anderes noch" bietet das gewohnte
Schmankerl
für Freunde der Erotik, der irische Trunkenbold "Tom Bollyn"
schließlich
hat schon bei etlichen Konzerten für fröhliche
Mitmachaktionen
gesorgt. Duivelspack live sind natürlich durch nichts zu ersetzen
- für reichlich Spaß am CD-Player sorgt aber auch dieses wie
immer hervorragend produzierte Album.
|
CD-Tipp
Mai
2006

VIRELAI
Danser duggen af jorden
www.virelai.dk
CD
bestellen
|
Die dänische Gruppe Virelai ist hier mit sehr
rhythmusbetonten
Versionen einiger Mittelalterklassiker zu hören, der Schwerpunkt
liegt
auf Instrumentalstücken. Dudelsäcke, Leier, Nyckelharpa, dazu
Getrommel von Dabuka, Tabul, Tambourin und manchem mehr. Die
Arrangements
sind eher karg, aber es gibt kein tumbes Marktgedresche. Man lässt
der Musik viel Zeit, sich Schritt für Schritt zu entwickeln, und
bürstet
auch mal einen Klassiker gegen den Strich. Ihre Palästinalied-
Version
mit sehr eigenwilliger Rhythmisierung zeigt, wie sehr sich in der
Interpretation
schon Konventionen festgesetzt haben und dass es eben auch ganz anders
geht. Schon eher dem Gewohnten entspricht die mitreißende
Instrumental-Fassung
von Beremguier de Palous Troubadourlied "Tant M'Abelis" - eine
herrliche
Melodie, tanzgerecht aufbereitet. Höhepunkt ist jedoch der
ungewöhnliche
Schluss: Eine traurige Ballade mit dem Titel "Svend I Rosengård"
im völlig unkonventionellen Arrangement nur mit Gesang und Trommel
- schaurig und zu Herzen gehend. (lj) |
CD-Tipp
April
2006

ANNO
DOMINI
Stauferzeit
Verlag
der Spielleute
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Die Blüte der Stauferherrschaft
fällt zusammen
mit der Blüte des Minnesangs. Man hielt sich die Sänger als
Aushängeschild
an den Höfen, sie propagierten "zuht" und "maze" und gaben den
Potentaten
Glanz. Im Gegenzug gab es ein warmes Quartier, Zuhörer, im
Glücksfall
sogar ein Lehen (wie für Walther bei Friedrich II). Anno Domini um
Karsten Wolfewicz bringen uns den Geist dieser glorreichen Zeit nahe,
Walthers
"Halmorakel" ist einer der Höhepunkte dieses prächtigen
Klassikers.
Der andere ist Tannhäusers "Lude Leich", obwohl die Minnesatire
hier
todtraurig und verinnerlicht dargeboten wird. Wolfram von Eschenbach
wird
rezitiert mit Unterweisungen zum höfischen Leben rezitiert, aus
dem
hohen Norden klingt Wizlaws "Loibere risen", aus dem tiefen Süden
zwei Cantigas vom Hofe des weisen Adolf. Auch der Stamph und der Prem
von
Neidhart sind zu hören und, herrlich, das Glanzlicht der Epoche,
Ventadorns
Lerchengesang! |
CD-Tipp
März
2006

BLACKMORE'S
NIGHT
The Village Lanterne
SPV
CD kaufen
|
Überraschung! Ritchie Blackmore
besinnt sich seiner
Wurzeln und holt die E-Gitarre aus dem Schrank. Allerdings ohne die
Spielkultur
zu vernachlässigen, die er sich in jahrelanger Zusammenarbeit mit
seiner Partnerin Candice Night erarbeitet hat. Das Ergebnis ist
großartig:
Die Welt des sphärischen Mittelalter-Folk-Pops, der die
beiden
in den letzten Jahren ausgiebig gefrönt haben, wird kräftig
geerdet
durch Deep-Purple- und Rainbow-Anklänge. Was dabei auf der Strecke
bleibt, ist der zuckersüße Kitsch, in den die Musik der
beiden
bislang oft abdriftete. Der Gitarrist und seine Lady zeigen sich in
Hochform,
beflügeln sich gegenseitig. So ein liebevolles Miteinander von
Gitarre
und Frauengesang gab es zuletzt vor vielen Jahren bei Oldfield und
Maggie
Riley in der "To-France"-Ära. Erster Höhepunkt des Ganzen ist
eine mehr als erstaunliche "Al-vol"-Adaption namens "World Of Stone",
die
die herrliche Melodie des sonst von rauen Männerkehlen
gegrölten
Sauflieds freilegt. Zweites Galnzlicht: eine obergeniale Coverversion
des
Deep-Purple-Meisterwerks "Child In Time", eingebettet in einen
Mondtanz!
Überflüssig ist bei diesem abwechslungsreichen und
inspirierten
Album nur die Neuauflage der Sozialschnulze "Streets Of London" aus den
Siebzigern. Sonst uneingeschränkt empfehlenswert! (lj) |
CD-Tipp
Februar
2006

VIOLETTA
Mandra mea
Autogram
CD
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|
Violetta ist der akustische Ableger der
Dark-Wave-Band
Violet. Violetta lassen sich inspirieren von rumänischer,
orientalischer
und mazedonischer Folklore, von geistlicher und weltlicher Musik des
Mittelalters.
Ihre Musik erinnert ein wenig an Dead Can Dance oder Estampie. Im
Anfangsteil
finden sich Klassiker wie die berühmte Kerkerklage von Richard
Löwenherz,
ein Neidhart-Lied und ein Auszug aus dem roten Buch der Mönche von
Montserrat. Violetta entziehen sich aber der Tendenz zur gnadenlosen
Banalisierung
der Überlieferung, wie wir sie bei Marktmusik und Mittelalterrock
nur zu häufig finden. Der vorherrschende Ton ist dezent, warm,
melancholisch
und harmonisch, manchmal auch sphärisch und mystisch. Für
Fantasiereisen
in ferne Welten und Zeiten! (lj) |
CD-Tipp
Januar
2006

WÜNNESPIL
Argentea
Verlag
der Spielleute
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Zwischen der durch
Bordune, mündliche
Überblieferung, improvisatorische Heterophonie geprägten,
allerhöchstens
durch Quint- und Quartparallelen geschmückten Musik des
Hochmittelalters
und den Werken der Renaissance mit ihren klareren Strukturen und ihrer
neuen Harmonik liegen Welten. Die wenigsten Mittelaltermusiker sind in
beiden Stilen zuhause. Gar nicht hoch gelobt werden kann deshalb das
Ensemble
Wünnespil, das zur Jahrtausendwende dieses wunderbare Album mit
dem
Besten aus beiden Welten vorlegte, um sich in dieser Glanzbesetzung
leider
kurz darauf wieder aufzulösen. Mit Marc Lewon und Knud Seckel sind
aber zwei Musikanten an Bord, die glücklicherweise auch heute noch
sehr aktiv sind. Ohne Probleme realisieren Wünnespil vierstimmige
Chor- und Instrumentalsätze der Renaissance, um dann wieder die
Trommel
zu schlagen und den Dudelsack jaulen zu lassen. Aber wie virtuos! Die
Presse-
Information des Verlags, hier würde der typische "Flair
mittelalterlicher
Märkte und historischer Bankette" vermittelt, geht völlig
daneben.
Das ganze hat nichts zu tun mit dem wüsten Getrommel, Gebrüll
und Gedröhne, das auf solchen Veranstaltungen oft anzutreffen ist.
Das hat höfische Eleganz und Stil, selbst wenn mit Augenzwinkern
auch
mal rauere Lieder und Tänze dargeboten werden. Erstaunlich ist der
nicht enden wollende Ideenreichtum, mit dem die 26 (!) Stücke
detailreich
umgesetzt werden. Mit dem "goldein huon" und dem "lieben summer" sind
zwei
hoch inspirierte Neidhart-Versionen zu hören, herrlich auch
"Pasttime
with good company" von Henry VIII mit satten Bläsern und
großartigem
Chor. Knud Seckel überzeugt beim anonymen Troubadourlied "En mai",
Vorbild für Walthers "Under der linden". Alles in allem ein
farbenfrohes
Kompendium mittelalterlichen Musizierens, das das Ohr schärft
für
Nuancen und Unterschiede! Wenn man nur eine einzige Mittelalter-CD
mitnehmen
dürfte zur einsamen Insel, dann sollte es diese sein... (lj) |
CD-Tipp
Dezember
2005

WEENA
Das Nibelungenlied
Sound
Of Weena
CD kaufen
|
Das Nibelungenlied als "Rockoper von
Betrug, Verrat und
Mord" - ein reizvoller Gedanke! Weena, sprich die Kooperation zwischen
der Opernsängerin Sylva Bouchard-Beier und dem Schwermetaller
Thomas
Lang, setzen ihn um. Wagnerianisches Pathos, umgesetzt mit
symphonischen
Klängen aus dem Sampler, verbindet sich mit zündenden
Rock-Rhythmen.
Dazu gibt es Karl Simrocks neuhochdeutsche Nachdichtungen der Sage um
Kriemhild,
Brunhild, Hagen und Siegfried. Die werden von zwei Gesangssolisten, die
unterschiedlicher kaum sein können, in all ihrer Dramatik mit
neuem
Leben erfüllt. Thomas Lang beeindruckt darüber hinaus vor
allem
mit seinen ausdrucksstarken Gitarrensoli - er lässt die satt
übersteuerte
E-Gitarre singen und klagen, dass es die Rheintöchter zu
Tränen
rühren müsste. Schön wird es, wenn keltische
Tanzrhythmen
die Rock-Klischees aufbrechen. Zum Ende klingt sogar eine echt-
mittelalterliche
Melodie an, Wolfram von Eschenbachs unendlich traurige Titurel-Klage.
Natürlich
bietet das Nibelungenlied Stoff für mehr als eine CD: eine
Fortsetzung
ist deshalb schon angekündigt. (lj)
|
CD-Tipp
November
2005

IOCULATORES
Media Vita In Morte Sumus
Raumklang
CD kaufen
|
"Mitten im Leben sind wir vom Tode
umfangen"- das, was
heute nur allzu gerne verdrängt wird, bis es uns mit aller Macht
selbst
betrifft, war im Mittelatler eine Selbstverständlichkeit. Das
Album
der Ioculatores ist ein kleines Gesamtkunstwerk, das
eindringliche
Interpretation von Kreuzzugs- und morbiden Minneliedern mit geistlichen
Gesängen verbindet. Gewitter, Wind, Kirchenglocken und eine oft
ungewohnte
Raumakustik geben der ungewöhnlichen Produktion eine einzigartige
Atmosphäre. Im Gedächtnis bleiben die innig-sakralen
Mönchsgesänge
ebenso wie die hervorragenden Rezitationen Jörg Peukerts.
Großes
Lob auch für die Stückauswahl jenseits der ausgetretenen
Pfade.
So bekommt man auch einmal das Tagelied des "Guteres" aus der Jenaer
Liederhandschrift
zu hören. Und man erfährt, dass das "Rote Buch" von
Montserrat
nicht nur "Stella Splendens", sondern auch ein originelles,
trostspendendes
Toten-Pilgerlied zu bieten hat. Das ultimative Album für
nachdenkliche
Novembertage! (lj) |
CD-Tipp
Oktober
2005

OUGENWEIDE
Ouwe war
Sireena
CD kaufen
|
Nach einem Jahr gibt es schon wieder ein Live-Album
der Mittelalter-Rock-Pioniere
aus den 70er und 80er Jahren. War "Wol
mich der Stunde" (2004) wegen der mäßigen
Aufnahmequalität
eher für Fans interessant, so hat das aktuelle Werk auch klanglich
deutlich mehr zu bieten. Vor allem das Titelstück mit der wohl
schönsten
Melodie zu Walther von der Vogelweides Altersklage kann
überzeugen.
Auch Walthers satirisch-böser "Gerhard Atze" sorgt für
Freude:
Der überlieferte "Kreuzton" wird hier in Jethro-Tull-Manier zum
zupackenden
Rock-Riff. Ansonsten liegt der Schwerpunkt auf den späteren
Werken,
der 48er-Revolutions-Song »Auf weichen Federn« ist sogar in
zwei Versionen zu hören. Der Merseburger Zauberspruch "Eiris
Marun",
eins der ältesten Ougenweide-Stücke, ist in einer Neufassung
der 80er zu hören. Aber auch Till Eulenspiegel, der Fuchs und der
Lügner werden wieder aus der Kiste geholt. Und schließlich
noch
ein Walther-Klassiker mit Ougenweide-Melodie - »Ouwe wie
jämmerliche«,
2. Teil der Elegie, wird um herrlichen Geigenklang bereichert. Wie zu
hören
ist, steht eine Reunion bevor: Dieses Album sollte dazu beitragen, dass
der Mythos wieder ins Gespräch kommt. (lj) |
CD-Tipp
September
2005

FAUN
Renaissance
Curzweyhl
CD kaufen
|
Vorsicht, der Titel täuscht.
Renaissance ist bei
Faun mehr eine philosophische als eine musikgeschichtliche Kategorie:
Es
geht um Wiedergeburt, Neuanfang. Die Musik verbindet einen Hauch
Mittelalter,
viel Folkloristisches und meditative Klangmalerei. Renaissance-Musik
kommt
nicht zum Tragen, dafür der typische Faun-Sound. Das ganze ist
zwar
nicht ganz so gelungen wie ihr Meisterwerk »Licht«, aber
trotzdem
schön ätherisch! Freunde des Minnesangs kommen mit einer
Interpretation
von Wizlaw von Rügens "Loybere Risen" auf ihre Kosten. Auch hier
ist
die "geglättete" Version zu hören (alle Noten h werden zu b),
die seit Thomas Binkley Standard ist, weil sie unseren Ohren mehr
schmeichelt
als die heute etwas fremd klingende Fassung aus der Jenaer
Originalhandschrift.
Der Herbst kommt, die Blätter fallen - doch wie sollt ich frieren,
wenn doch ihre Wangen glüh'n.... (lj) |
CD-Tipp
August
2005

VAN
LANGEN
Zeychen der Zeyt
Heckenreiter
CD
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|
Der frischgekürte Publikumssieger beim
Minnesänger-Wettstreit
bewährt sich erst recht auf der Rock-Bühne. Mit "Zeychen der
Zeyt" gelingt ihm sein bislang bestes und dichtestes Album: Er
verbindet
Mittelalterliches und Keltisches mit Gothic-Düsternis, druckvollen
In-Extremo-Gitarren und Elementen des Siebziger-Jahre-Folkrocks. Die
Elemente
stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern verbinden sich
geradezu
magisch. Das ganze wirkt direkt und meditativ zugleich, birgt viel
Überraschungen
und auch manch Bekanntes. Neben der Präsenz des singenden
Hexenmeisters
und den raffinierten Arrangements besticht vor allem die Qualität
der Mitmusiker: Vor allem Sabine Stelzer zeigt sich mit herrlich
kehligem
Gesang dem Meister ebenbürtig und beeindruckt auch durch ihr
gefühlvolles
und variables Flötenspiel. Genial auch die hardrock-orientierten
Gitarrensoli
von Bernd Intveen! Höhepunkte sind die irisch eingefärbte
Vertonung
eines Merseburger Zauberspruchs, eine mal ganz andere Fassung von
Walthers
"Unter der Linde" (mit kleiner Anleihe bei der Carmina-Burana-Parodie
des
Walthertextes) als Blues, das liebliche altenglische "Miri it is
while summer ilast" (ein potentieller Singlehit) und das Tagelied-Duett
"Beltane". Aber auch abgelutschten Evergreens wie "Al vol" und dem
unvermeidlichen
Palästinalied gewinnt van Langen mit seiner inspirierten Truppe
noch
Hörenswertes ab. Ein Muss für Mittelalter-Rockfans! (lj) |
CD-Tipp
Juli
2005

CORVUS
CORAX
Cantus Buranus
Roadrunner
CD kaufen
|
Wie sagte Meister Selbfried von der
Band im Interview mit
dem Autor dieser Seite: "Wenn einem das Glück mal erreicht, dann
hält
man es mit beiden Händen fest und brüllt es heraus..." -
Momente
der Besinnung und des Innehaltens gibt es also nicht beim neuen
Corvus-Album.
Ursprünglich sollte es "Carmina Burana" heißen, doch die
Orffschen
Erben drohten mit rechtlichen Schritten, so dass das Werk jetzt "Cantus
Buranus" heißt. Orffs Oratorium ist ja einer der Super-Hits der
Klassik
des letzten Jahrhunderts, zudem haben sich schon viele
Mittelaltermusiker
auf die Suche nach der Originalgestalt der mittelalterlichen
Liedersammlung
begeben. Die Vorreiter der Mittelaltermusikszene orientieren sich
erstaunlicherweise
aber eher an Orff, mit großem Chor und Orchester wird das
Ritualhaft-Magische
der alten lateinischen Texte zelebriert. Schon das Anfangsstück
ist
geradezu eine Hommage ans Orffsche "O Fortuna". Große
Orchestermusik
mit Dudelsäcken! (lj)
>> zum Interview
von Dr. Lothar Jahn mit Meister Selbfried (Wildwechsel online)
|
CD-Tipp
Juni
2005

DIVERSE
Burg
Falkenstein - Minnesänger-Wettstreit 2005
Heckenreiter
CD
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> Noten von Minneliedern gibt es hier.
|
Da
die CD von Minnesang.com präsentiert wird, lassen wir andere zu
Wort
kommen:
Karfunkel:
"Es
handelt sich um einen Querschnitt bekannter und weniger bekannter
Minnelieder
des gesamten Zeitraums des Minnesangs: Am Anfang steht der
Kürenberger,
dessen berühmtes Falkenlied gleich in zwei Vertonungen zu
Gehör
gebracht wird; den zeitlichen Abschluss bildet Oswald von Wolkenstein.
Jeder der am Wettstreit beteiligten Sänger bringt seine
eigene
Interpretation von mittelalterlicher Musik und mittelhochdeutscher
Sprache
ein."
Wildwechsel:
"Musikalisch
einfallsreich ist das ganze ohnehin, vor allem aber überzeugen die
höchst unterschiedlichen Stimmen: Marcus van Langen mit knarzigem,
Jochen Faulhammer mit kultiviertem Bass, Frank Wunderlich und Knud
Seckel
als dezente Tenöre, Michael Hoffkamp als Folkbarde. Hans Hegner
bereichert
die alten Melodien um raffinierte Verzierungen und der Salzburger
Thomas
Schallaböck gibt den Hofnarren."
Magister
Rother:
"Ein
Überblick, ein Querschnitt durch die moderne Minnesang-Rezeption?
Updates der famosen mittelalterlicher Sängerwettstreite hat es ja
schon häufiger gegeben, selten aber mit so
hochkarätiger
Besetzung. Eine interessante Sache."
|
CD-Tipp
Mai
2005

COLLAGE
Blôzen
Edition
Apoll
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Das
Berliner Ensemble Collage begnügt sich nicht mit den üblichen
Evergreens des Mittelalter- Repertoires in sattsam bekannten
Arrangements.
Der Zugang zum überlieferten Material ist viel intuitiver.
Die
sorgsam ausgewählten Tänze, Instrumentalstücke und
Minnelieder
werden als Ausgangsmaterial für höchst inspirierte
Improvisationen
gewählt. Ausgangsmaterial ist Musik des späteren Mittelalters
bis hin zur Renaissance (Susato) aus französischen, italienischen
und natürlich deutschen Landen. Doch nicht, was gespielt wird, ist
interessant, sondern wie: Latu eigener Aussage spielt die Gruppe nicht
Kompositionen des Mittelalters, sondern sie "spielt mit Kompositionen
des
Mittelalters" - zwar mit streng historischem Instrumentarium und in
stimmiger
Diktion, aber eben auch frei, inspiriert, virtuos und mit so viel
"Feeling",
dass auch der Jazzer seine Freude hat. Klaus Sonnemann erweist sich als
ein Charlie Parker der Schalmeien, während Achim Blazejewski den
"Groove"
in die (selbstgebaute) Saitentrommel haut. Dazu Harfe, Flöte,
Fidel
und Laute - man nimmt sich viel Zeit, lässt sich von Melodien
davontreiben.
Als Monumente ragen vier raffiniert begleitete Minnelieder aus dem Meer
der Klänge - zwei von Neidhart, zwei von Oswald. Sänger ist
dabei
der großartige Hans Hegner, der auch beim Minnesänger-Wettstreit
2005 auf Burg Falkenstein sein Können unter Beweis
stellen
will. (lj) |
CD-Tipp
April
2005

POETA
MAGICA
Décades (Do-CD plus Video)
Verlag
der Spielleute
CD kaufen
|
Wer
einmal das Glück
hatte, Poeta Magica erst auf einem Markt zu erleben und später
dann
bei einem Konzert in Clubatmosphäre, wird sich erstaunt die Augen
- oder besser die Ohren - gerieben haben: Sie beherrschen die
große
Geste und den kecken Ton nämlich genauso wie die kostbaren und
zerbrechlichen
Momente der intimen Nähe. Diese "Best-Of"-Do-CD blättert das
gesamte Spektrum der verdienten Musiker um das Ehepaar Funke, diese
mittelalterlichen
Multi-Instrumentalisten, Klang-Poeten und -Zauberer. Fein gesponnener
Folk,
ferne Ethnoklänge, Nordisches, Maurisches und sogar
Mittelalterrock
- das Album zeigt die ganze Vielfalt des Poeta-Universums. Dazu auch
einige
echte Perlen authentischer Mittelaltermusik aus den frühen Tagen
des
Ensembles (bislang nur auf MC erhältlich), die schon wunderbar
inspiriert
wirken und zudem klanglich aufpoliert im höfischen Glanz
erstrahlen.
Ein Muss für alle Freunde anspruchsvoller Minne-Klänge.
(lj) |
CD-Tipp
März
2005

DES
TEUFELS LOCKVÖGEL
Carmina Mystica
Heckenreiter
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Er gilt
als der "Gottseibeiuns"
der Mittelalterszene, seine Gruppe sind "Des Teufels Lockvögel" -
also am besten bekreuzigen und die Flucht ergreifen? Iwo! Marcus van
Langen
röhrt zwar seine Lieder aus tiefster Kehle und die raue
Spielmannszunft
ist ihm näher ist als das vornehme Getue bei Hofe, doch im Grunde
hat er das Herz auf dem rechten Fleck, was schon sein grandioses Palästinalied-Benefizprojekt
bewies. Wild, rau, ungestüm, doch mit akustischem Instrumentarium
haben er und seine "Lockvögel" sich Minneliedern,
Spielmannsklassikern,
ja sogar Geistlichem gewidmet. So eine Art "Mittelalterrock
unplugged"also!
Das ganze kommt mit überbordender Energie, aber durchaus nicht
gotteslästerlich
auf die Bühne. Wer es verkraften kann, dass man sich den
Klassikern
des Repertoires mit Übermut und brachialer Lebenslust zu Leibe
rückt,
wird mit originellen Versionen von Klassikern wie Walthers "Wol mich
der
stunde" (hier: "Hol mich der Teufel"), Neidharts "Meie din", Oswalds
"Wach
auff mein hort" und "Wach auff, wir wellen slauffen" wie Friedrich von
Hausens "Mir ist das herze wunt" belohnt. Und als Dreingabe gibt's auch
noch ein herzerfrischendes "Maria durch ein'n Dornwald ging". Kyrie
Eleison!
(lj) |
CD-Tipp
Februar
2005

DIVERSE
Pax Volume 2
Pax
et Gaudium
CD kaufen
|
Ein
Adrenalinstoß,
ein Dauertrommelfeuer wilder Mittelaltertanzmusik: das war der
Pax-Sampler
Nr.1. Mit entsprechenden Erwartungen stürzte man sich auf Volume
2,
wieder zusammengestellt vom Mittelalter-Spitzen-DJ Marc Musicus. Doch
welche
Überraschung! Diesmal geht's gemächlicher zu - es gibt
18 mal eher handgemachte Mittelaltermusik in hoher Qualität! Hier
regiert nicht das Gesetz der Tanzfläche: Es gibt richtige
Lieder
mit Pausen zwischendrin, mal ausgelassen fröhlich ("Hopsa! Hopsa!
Drüber und über...") wie bei Pampatut, den Galgenvögeln
und des Geyers schwarzem Haufen, dann wieder herrlich entspannt und
meditativ
wie bei Sava oder Arcana Obscura. Viel historisches Originalmaterial
wurde
verwandt: Spielmannslieder, Llibre Vermell, Cantigas (toll: Ranunculus
mit einer fast schon Orffschen Version von "Como podem"),
Plattdeutsches
(herzzerreißend: Moskotes Mittelalterrock-Version der "Fief
Söhne"),
aber auch Irisches und Altnordisches. Von den Minnesängern
ist
nur Neidhart vertreten, der aber gleich zweimal: Heidenspaß
machen
aus "Winder" eine gnadenlos lärmende Winteraustreibung, das
Musiktheater
Dingo bringt die höchst amüsante Minnelied-Parodie vom
"Gimpel-Gempel"
leider in einer zensierten Version ohne den derb-erotischen Schluss.
Die
größte Überraschung ist es, der Pop-Legende ABBA als
Komponisten
zu begegnen: "Arrival" von Lex Mihi Ars ist aber absolut
schlüssig,
erinnert mehr an Mike Oldfields Folkrock-Version des
Instrumental-Klassikers
als ans Original. Insgesamt ein überzeugender Querschnitt durch
die
aktuelle Mittelalter-Musikszene jenseits der großen Namen!
(lj) |
CD-Tipp
Januar
2005

ENSEMBLE
UNICORN/
ONI
WYTARS
Music Of The Troubadours
Naxos
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
> Noten von MInne- und Troubadourliedern gibt es hier.
|
Bei
diesen ungewöhnlichen
Versionen einiger der schönsten Troubadourlieder muss man sich
erst
von Hörgewohnheiten und -erwartungen verabschieden. Das liegt vor
allem an der Sängerin Maria D. Lafitte, die die Liebesbekundungen
unglücklicher Ritter an ihre Herrin nicht süßlich,
verträumt
und wohlklingend darbietet, sondern temperamentvoll, vital, und
explosiv.
Sie säuselt, schluchzt, schreit, haucht, jauchzt die zu Herzen
gehenden
Melodien und Texte heraus, als kämen sie ihr direkt aus der Seele.
Wenn man zu dieser Interpretationsweise einen Zugang gefunden hat,
öffnet
sich das Ohr auch für den unglaublichen Nuancenreichtum der
Begleitung
mit großem mittelalterlichen Instrumentarium. Michael Posch und
Marco
Ambrosini haben die personellen Ressourcen von Oni Wytars und Ensemble
Unicorn voll ausgeschöpft. Obwohl die konzeptionelle Arbeit
deutlich
zu spüren ist, bleibt doch viel Freiraum für die
improvisatorischen
Künste der durchwegs exzellenten Instrumentalisten. Erster
Höhepunkt
ist Raimon de Miravals tragisches "Bel m'es q'leu chant", kontrastiert
durch ein wunderbar leicht dahingeworfenes "Reis glorios". Am Ende
widmet
sich das hoch inspirierte Ensemble ausgiebig den beiden Monumenten des
Troubadourgesangs: Ventadorns Lerchenlied wird dabei geradezu gegen den
Strich gebürstet, die meisterhafte Melodie wird in einem
aberwitzigen
Tempo zu tänzerisch-folkloristischer Begleitung dargeboten. Dann
folgt
eine Siebzehneinhalb- Minuten-Version (!) von Jaufré Rudels
"Lanquan
li jorn", das einst Walther zu seinem Palästinalied inspirierte.
Dabei
orientiert man sich an der Melodievorlage, die die orientalischen
Anklänge
am stärksten zum Ausdruck bringt, was durch die Interpretation
noch
unterstrichen wird. Das grandios durchkomponierte Gedicht von der
fernen Liebe - ist es nun Jerusalem oder doch die unerreichbare Frau? -
wird so eindrucksvoll musikalisch umgesetzt, dass man mitlieben
und
-leiden muss. (lj) |
CD-Tipp
Dezember
2004

ADARO
Words Never Spoken - Extended Edition
SPV
CD kaufen
|
Das ist
die Untertreibung
des Jahrhunderts: Adaro bezeichnen ihr neues Album "Words Never Spoken"
als "Extended Version" der gleichnamigen EP aus frühen Tagen der
Band.
Tatsächlich finden sich die vier interessanten Tracks des
vergriffenen
Mini-Albums auch am Ende der CD, die "Erweiterung" besteht jedoch aus
einem
ausführlichem Live-Mitschnitt eines Konzerts vom Sommer 2004.
Dabei
wurden viele bislang unveröffentlichte Stücke dargeboten, in
denen sich Adaro mit der Mittelaltertradition auseinandersetzt. Rockige
Bearbeitungen der Cantigas de Santa Maria vom weltoffenen Hofe Alphons
des Edlen gehören genauso dazu wie die adaro-typischen, komplexen
Vertonungen von mittelhochdeutschen Texten aus der
Minnesänger-Zeit,
die manchmal ein wenig an Ougenweide erinnern. Am meisten zu Herzen
geht
die überraschende Version von "Stella Splendens" aus dem roten
Buch
der Mönche von Montserrat: Hatte die Band auf dem gleichnamigen
Album
die wunderbare alte, zweistimmig gesetzte Melodie noch in ein
krachendes
Rockgewand vom Kaliber Jethro Tull gesetzt, so nähert man sich
jetzt
ganz zart der Marienpreisung. (lj) |
CD-Tipp
November
2004

DIVERSE
Musica Aventurica
Shack
Media
CD kaufen
|
Zum
20-jährigen Jubiläum des Rollenspiels »Das schwarze
Auge«
entstand diese Compilation mit mittelalterlich inspirierter Musik.
Diese
Sammlung lohnt sich auch für Nicht-Spieler. Bekannte Namen wie
Schelmish,
Filia Irata, Omnia, Saltato Mortis und Potentia Animi sind dabei, ihre
Klänge sorgen für viel Atmosphäre. Die schillerndsten
Mittelalterperlen
sind Fauns überirdisch schönes Lied »Von den
Elben«
und Adaros Oswald-von-Wolkenstein-Adaption "Nu ruh mit Sorgen". Auch
dabei:
70er-Jahre-Vorreiter wie Elster Silberflug und Ougenweide. Letztere
allerdings
mit ihrem "Badehaus"-Lied, da hätte es sicher stimmungsvollere
Beispiele
gegeben (siehe CD des Monats vom Oktober). Einen psychedelischen
Gegenpol
zu den vielen folkigen Klängen setzt am Ende die Fantasyy Factory
mit "The Bleeding Rose Of Arania". (lj) |
CD-Tipp
Oktober
2004

OUGENWEIDE
Wol mich der Stunde
Sireena
CD kaufen
|
Auf
ein Lebenszeichen dieser Band hat man lange warten müssen: Hier
ist
nun zwar nichts Neues von OUGENWEIDE, dafür aber eine
repräsentative
Kollektion von Live-Aufnahmen, die zwischen 1970 und 1984 entstanden.
Man
bekommt hier eine kleine Ahnung davon, warum die einst von Achim
Reichel
entdeckten deutschen Folk-Rocker regelmäßig die Säle
zum
Toben brachte. Merkwürdigerweise hat man es trotz
Mittelalter-Booms
bei Polydor bislang nicht für nötig gehalten, die alten LPs
der
Erfinder des Minne-Rocks auf CD zu bringen, es gibt mit dem
»Liederbuch«
nur eine Best-Of-Collection. Doch auch das erneute Wiederhören mit
den Klassikern der Pioniere tut gut. Immer noch zu Herzen gehen die
Vertonungen
der ersten beiden Teile von Walther von der Vogelweides
"Ouwe"-Trilogie:
die Altersklage über die verschwundenen Jahre, die heute immer
noch
von vielen Gruppen gecovert wird, und das Lamentieren über das
jäümmerliche
Getue der jungen Leute. Minnesang-Freunde bekommen auch vier
Neidhart-Lieder
(darunter die "Maienzit") und Gottfried von Neiffens "Wan si dahs" zu
hören.
Dazu noch der "Schlehmil", die "Jungfern" und das "Badehaus", für
OUGENWEIDE- Fans ein Muss! Das mitreißende "Bald anders"
hätte
hier allerdings auch noch hingehört. Merkwürdigerweise fehlt
auch der Namensgeber des Albums, Walthers "Wol mich der Stunde", bei
dem
man einst die alte Troubadourmelodie nach allen Regeln der
Jethro-Tullschen
Folkrock- Kunst genial verarbeitet hatte. Die Tonqualität der aus
den Archiven hervorgeholten Aufnahmen ist durchwachsen und vor allem
höchst
unterschiedlich. Da hätte etwas klangliche Nachbearbeitung sicher
nichts geschadet! Durch den antiquarischen Sound wird aber auch der
Abstand
zu den Aufbruchsjahren der "Zurück-zur-Natur"-Bewegung der 70er
Jahre
noch deutlicher. Da erwacht die Sehnsucht nach einer längst
vergangenen
Epoche... (lj) |
CD-Tipp
September
2004

DULAMANS
VRÖUDENTON
Minnesänger in Österreich
Domino
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier.
|
Das
Alte-Musik-Ensemble
aus Salzburg erfreut hier nicht nur das Herz des Österreichers:
Dulamans
Vröudenton bedienen mit ihrer Sammlung von Minneliedern aus
Österreich
zwar auch den Lokalpatrioten, sie bieten aber Allgemeingültiges
für
alle Freunde dieser Musik. Natürlich haben der Mönch von
Salzburg,
Neidhart und Walther hier ihren Ehrenplatz. Furios geht's los mit einer
mitreißenden Instrumentalfassung von Neidharts "Meie din", bevor
einem Walthers "Unter der Linde" merkwürdig beglückend und
fast
ohne Melancholie entgegentönt. Liegt's vielleicht am F-Bordun, der
hier den das ganze ins unerfüllt sehnsuchtsvolle Moll ziehende
D-Bordun
ersetzt, mit dem das Lied sonst meistens unterlegt wird? Und dann des
Mönchen
"Falkenlied"-Parodie, zupackend vorgetragen: einfach
köstlich!
Eine echte Entdeckung sind auch die Lieder vom Diessenhofener
Liederblatt,
die hier erstmals auf CD eingespielt wurden: "Zart liepster hort" ist
eine
sehnende Minneklage vom Feinsten, auch das "Fastnachtslied" kann
betören.
Oswald darf auch nicht fehlen, dazu weniger Bekanntes von Lichtenstein,
Montfort und Beheim. Und als Rausschmeißer ein furioses "In
Taberna".
Ein richtig rundes Album! Dazu gibt's sogar noch ein liebevoll
gestaltetes
Booklet mit interessanten Hintergund-Informationen von Prof. Dr. Ulrich
Müller. Was will man mehr? (lj) |
CD-Tipp
August
2004

I
CIARLATANI
Codex Manesse
Christophorus/MusiContact
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier.
|
Einen wunderbaren
Überblick über die Musik des Minnesangs gibt das Album "Codex
Manesse" des Heidelberger Ensembles I CIARLATANI. Der Titel führt
ein wenig in die Irre, denn es gibt durchaus nicht nur Beispiele aus
der
großen Heidelberger Liederhandschrift zu hören, sondern auch
Musik aus der Jenaer Handschrift, den Neidharthandschriften, dem
Schaffen
der Troubadoure und sogar den Cantigas. Höhepunkte sind
inspirierte
Interpretationen von Bernger von Horheims unendlich traurigem "Nu
enbeis
ich..." und Friedrich von Hausens berühmtem "Min herze unde min
lip".
Das Hin- und Hergerissensein zwischen Minne- und Kreuzdienst wird
hervorragend
umgesetzt. Lohnenswert ist auch die Wiederentdeckung von "Owe daz nach
liebe gat" aus der Feder des "Wilden Alexander", der Ende des 13. Jh.
noch
einmal im Stil der alten Meister schrieb. Schließlich wird des
Tanhusers
"Steter dienest" (auch bekannt als "Der Lude Leich") endlich einmal so
satirisch vorgetragen, wie es dem Text gebührt, der eine
unmäßige
Herrin geißelt. Fast schon ein Gassenhauer! Schön, dass auch
der komplizierte Tanhuser-Leich "Ich lobe ein wib" eingespielt wurde.
Ein
Muss für Minne-Enthusiasten! (lj) |
CD-Tipp
Juli
2004

POETA
MAGICA
Froy
Verlag
der Spielleute
CD kaufen
|
Der Bogen,
den das aktuelle Album von POETA MAGICA spannt, reicht vom Norden
Europas
bis hin zum Orient. Schamanengesänge aus Skandinavien sind
orientalischen
Weisen gar nicht so fern, wie man bislang dachte. POETA MAGICA lassen
auch
die herrliche Eröffnungs-Cantiga aus der Sammlung Alphons des
Edlen
so richtig grooven. Ein weiterer Höhepunkt ist die Neuvertonung
von
"Do der sumer komen was" von Walther von der Vogelweide als
"Traumglück":
einfach magisch! Ohnehin ist die ungewöhnliche Kombination von
Mittelalterinstrumentarium,
archaischen Rhythmen und Fretless-Bass (der harmonisch manchmal
erstaunliche
Wege wagt) sehr reizvoll. Vor allem Holger Funkes eindringlicher
Gesang,
der ein wenig an Biermann erinnert, treibt einem wieder Tränen der
Rührung in die Augen. So auch beim gelungensten Stück des
Albums,
der vom 70er-Jahre-Folk beeinflussten Liebespreisung
»Vroyde«.
(lj) |
CD-Tipp
Juni
2004

ADARO
Schlaraffenland
Tempus Fugit/SPV
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|
Zwei
Namen fallen einem beim neuen ADARO-Album ein: OUGENWEIDE und
JETHRO
TULL. An Ougenweide erinnert der deklamatorische Singstil von
Christoph
Pelgen genauso wie die altertümliche Sprache und das Wechselspiel
mit einer hellen Frauenstimme (hier Konstanze Kulinsky). An Tull
erinnert
die Weise, wie mit der musikalischen Überlieferung umgegangen
wird.
Der Art-Rock der Siebziger hatte es ADARO schon immer angetan, dazu
gibt‘s
Anklänge an Renaissance, Irish Folk und nur noch ein wenig
Mittelalter.
So heben sie sich deutlich ab von den Historienfledderern der „Neuen
Deutschen
Härte“, die oft nur wenig Musikalität mitbringen. Trotz der
Erinnerung
an große Vorbilder ein eigenständiges Werk, das mit einer
innigen
Psalmen-Vertonung besinnlich ausklingt. (lj) |
CD-Tipp
Mai
2004

ELVENKING
Wyrd
AFM-Records
CD kaufen
|
Das
zweite Album der
jungen italienischen Medieval-Metaller liegt vor, erschienen bei der
Schwalmstädter
Plattenfirma AFM-Records. Schon der Erstling »Heathenreal«
hatte diese faszinierende Mischung aus unglaublich zart anmutenden
Flöten
und Streicherklängen, bei denen man die Elfen durch die
Büsche
huschen hört, mit zupackendem, unglaublich kräftigen
Trash-Metal.
Bei »Wyrd« gibt's noch mal eine Fuhre Holz mehr aufs Feuer!
Bei aller Wucht, mit der sich die Italiener ins Zeug legen, erstaunt
doch
ihre Feinsinnigkeit und filigrane Detailarbeit. Raffinierte
Arrangements,
polternde Double-Bass, singende Gitarrensoli, kernige Riffs, eine
äußerst
präzise Rhythmusarbeit und dann wieder dieser herrlich traurige
Folk
- das Album ist nicht nur für emsige Elfen und feurige Feen genau
die richtige Empfehlung. (lj) |
CD-Tipp
April
2004

FAUN
Licht
Curzweyhl/Zomba
CD kaufen
|
Wie bei
einem klassischen
Konzeptalbum Marke Pink Floyd wird zunächst mit
Windgeräuschen
und dunklen, fernen Klängen Spannung aufgebaut. Doch dann nahen
Dudelsack
und Leier, unterlegt von magischen, treibenden und durchaus modernen
Grooves.
Faun, der gehörnte Gott alter Naturreligionen, führt uns aus
dem Dunkel ins Licht. Mit Liedern und Texten, die von den Geschichten
und
Gedichten mittelalterlicher Meister wie Gottfried von Straßburg
und
Heinrich von Morungen inspiriert wurden, dazu kommen keltische Sagen
und
die Einflüsse des Morgenlandes. FAUN verbinden das virtuos
gespielte
historische Instrumentarium mit raffinierten elektronischen
Experimenten.
So entsteht eine farbenfrohe, inspirierende Klangwelt, die Bilder
voller
Fantasie und Abenteuer im Kopf erzeugt. Eine CD, die für Freunde
authentischer
Mittelaltermusik genauso zu empfehlen ist wie für Fans des
Mittelalter-Rock.
FAUN gehen eben ihren eigenen Weg. (lj) |
CD-Tipp
März
2004

DIVERSE
Mittelalter DJ-Mix Vol. 1
(Pax
Et Gaudium)
> Noten von mittelalterlicher Musik gibt es hier
|
Der
Anfang der CD überrascht
mit pompösem Orchesterklang: Nanu, in welchem Film sind wir jetzt
gelandet? Fantasy à la Hollywood?! Doch schnell machen ADARO mit
einem Totentanz und dem obligatorischen Palästinalied klar, wo der
Hammer hängt: Das Mittelalter-Magazin "Pax et gaudium" hat DJ Marc
Musicus an die Turntables geschickt, um das Heißeste und
Tanzbarste
aus der MA-Szene zusammenzustellen. Der Schwerpunkt liegt bei
krachendem
Mittelalterrock von IN EXTREMO über SUBWAY TO SALLY bis hin zu
CORVUS
CORAX und ihrem gerade sehr erfolgreichen Ableger CULTUS FEROX. Auch
der
Gottseibeiuns der Mittelalterszene, Herr van Langen, lädt die
Hexen
zum Tanz. Aber auch subtilere Gemüter wie POETA MAGICA sind dabei:
Die Dexbacher Klangmaler tragen mit "son ar chistre" (dem Original von
"Was wollen wir trinken") zur Stimmung bei. All das gibt's nonstop bei
vollem Tempo. Die Übergänge sind fließend und halten so
manche Überraschung bereit, so dass das Ganze immer wieder neu
Aufmerksamkeit
erzeugt und nie langweilig wird. Schließlich setzen SCHANDMAUL
mit
ihrem letzten Tanz den beeindruckenden Schlusspunkt. Ein wahrer
Adrenalinstoß!
(lj) |
CD-Tipp
Februar
2004

MINNESANGS
FRÜHLING
Ich zôch mir einen falken
(Selbstverlag)
CD kaufen
> Noten von Minne- und Troubadourliedern gibt es hier.
|
Der
durch das ENSEMBLE TRECENTO und WILDWUCHS bekannt gewordene
Mittelaltermusiker
Knud Seckel legt auf diesem Album großen Wert auf die enge
Beziehung,
die zwischen dem deutschen Minnesang und den romanischen
Troubadourgesängen
besteht. So verbindet er nicht selten die französischen Originale
mit deutschen Kontrafakturen, d.h. Nachbildungen der Originale. Dabei
sind
diese - etwa, wenn Dietrich von Eist Bernhard de Ventadorns
berühmtes
"Lerchenlied" aufgreift - nicht nur Übertragungen, sondern
Neuschöpfungen,
die den "Ton" aufgreifen, um eigene Inhalte zu transportieren. Auch den
arabischen Einflüssen wird nachgespürt. Die Arrangements, die
Seckel mit Hilfe von Britta Wengeler, Jutta Weber, Susanne Paul und
Franz
Dieckmann auf die Bühne bringt, sind meist eher schlicht gehalten,
aber ungeheuer wirkungsvoll und stilecht. Dazu trägt auch die
weiche,
ergreifende Tenorstimme Seckels bei, der in den Liedern aufgeht, ohne
in
der Interpretation zu übertreiben. Ein echter Gewinn für
alle,
die den Geheimnissen des Hochmittelalters auf die Spur kommen
möchten.
(lj) |
CD-Tipp
Januar
2004

ADARO
Stella Splendens
(Music Contact)
CD kaufen
> Noten von mittelalterlicher Musik gibt es hier
|
Dieses Album
hat schon seine sieben Jahre auf dem Buckel und klingt immer noch
taufrisch.
Dabei ist hier doch nichts so, wie's des Puristen Herz erfreut. Die
wunderbaren
Melodien der Cantigas de Santa Maria und des Llibre Vermell inspirieren
die Mittelalter-Rocker zu einem schier unglaublichen Ritt durch die
Genres:
Hardrock vom Kaliber Deep Purple, relaxter Reggae, fernöstliche
Klänge,
raffinierter Art-Rock im 70er-Jahre-Stil; ADARO holt bei seinen
Interpretationen
der Mariengesänge weit aus. Nur ab und zu mal eine kurze
Dudelsackpassage
oder lieblicher Frauengesang zum Bordun erinnern daran, wo dieser
Wohlklang
seine Wurzeln hat - dann wird schon wieder losgerockt oder in
vertrackten
Rhythmen und Sounds geschwelgt. Wenn man ADARO hört, weiß
man
aber auch, was den Brachial-Mittelalter-Rockern, die zur Zeit wie Pilze
aus dem Boden schießen, an Musikalität fehlt. Eine
herrlich-unorthodoxe
Abwechslung zwischen zwei Scheiben im historisch-authentischen Stil -
soundtechnisch
übrigens geradezu brillant und mit unglaublichem Druck
aufbereitet!
(lj) |
CD-Tipp
Dezember
2003

FREIBURGER
SPIELLEYT
Tempus Fugit
(Christophorus)
CD kaufen
|
Ein
Jahreslauf bietet den Rahmen für die Musik des
Spätmittelalters
- durchaus schlüssig, denn die Einbindung des mittelalterlichen
Menschen
in die Läufe der Natur war nicht nur wegen der fehlenden
Zentralheizung
noch unmittelbar und zwingend. Das Hochmittelalter ist vorbei: Freunde
des Minnesangs werden nur noch mit zwei Wolkenstein-Stücken
bedient
- dem dynamisch vorantreibenden "Vil lieber grüsse süsse" und
dem Choral "Ave Mater O Maria". Aber auch das melancholische Herbstlied
"Der walt hat sich entlawbet" erinnert noch an minnigliche Traditionen
und die Trauer des Ritters über seinen entsagungsvollen Dienst in
unwirtlicher Jahreszeit. Das Spektrum reicht vom Minnelied über
den
italienischen Trecento bis hin zu John Dowland, die Begleitung zieht
alle
Register, ist mal schlicht, mal raffiniert, mit viel
Einfühlungsvermögen
und dem Willen zu historischer Authenzität gestrickt. Auf die
Dauer
wirkt allerdings der Gesang von Sopranistin Regina Kabis etwas
anstrengend,
ein wenig Abwechslung in den Stimmen hätte den ansonsten durchweg
positiven Eindruck noch verbessert! (lj) |
CD-Tipp
November
2003

CORVUS
CORAX
Gaudia Vite
(Pica/EFA)
CD kaufen
|
Corvus
Corax sind mehr als eine Mittelalterband. Sie sind ein Monument. Eine
Institution.
Ein Fels in der Brandung. Ein Wegweiser. Die Pioniere des
Mittelalter-Rock
haben von Anfang an ihr Ding durchgezogen, von vielen verlacht und
geschmäht,
von anderen imitiert oder zumindest als Ideengeber genutzt Als dann
noch
das Sideproject TANZWUT die Clubkids zum Dudelsack auf die
Tanzfläche
spülte, war der Kultstatus perfekt. 15 Jahre Corvus Corax, Zeit
zum
Rückblick. Von den frühen Experimenten bis zum reifen
Spätwerk
»Seikilos«, einer Liebeserklärung an die Antike,
reicht
der Überblick, der in Form eines aufwändigen Livemitschnitts
vorliegt. Wer nicht genug kriegen kann: eine DVD gleichen Titels
verspricht
Schätze und Kuriositäten aus der Bandhistory. (lj) |
CD-Tipp
Oktober
2003

VINKOOP
Musik im Fahrwasser der Hanse
(Bezug
über Ralf Gehler)
|
Das Trio
VINKOOP lässt hier die großen Zeiten des Städteverbunds
»Hanse« auferstehen, zu dem sich die aufstrebenden
Küstenstädte
zusammenschlossen. Hier erwartet einen jetzt aber nicht die
Matrosen-Romantik
zum Akkordeon, die die Küsten-"Volksmusik" sonst prägt. Nein,
hier ist ein Trio mit Original-Instrumenten der Hansezeit wie
Dudelsäcken
sind Harfe, Drehleier, Schlüsselfidel, Sackpfeifen und Maultrommel
der verschütteten Überlieferung auf der Spur. Der
Sangspruchdichter
Hermann Damen, das Rostocker Liederbuch, die Jenaer Liederhandschrift
und
das Notenbuch des Rasmus Storm sind die Quellen Vinkoops. Freunde des
Minnesangs
können sich über die gelungene Interpretation zweier Lieder
von
Wizlaw von Rügen freuen: Hans Hegner singt mit großem
Einfühlungsvermögen
»Der Unghelarte« und »Nach der Senenden Claghe«
- Lieder, in die der Dichter seine Selbstzweifel, aber auch seine
Ohnmacht
gegenüber der unbändigen Kraft der Minne hineingelegt hat.
(lj) |
CD-Tipp
September
2003

GEYERS
Und dein roter Mund
(Geyers
Rec.)
CD kaufen
|
Der
Kenner weiß, dass der Titel der CD aus einem Lied Walther von der
Vogelweides stammt. Die GEYERS haben sich von der sinnlichen
Minne-Lyrik
des umtriebigen Walther inspirieren lassen - und nicht nur davon! Mit
mittelalterlichem
und irischem Instrumentarium von Leier über Dudelsack, Whistle und
Bouzouki bis hin zur Schlüsselfidel “Nyckelharpa” werden Trink-
und
Liebeslieder, Tänze und Instrumentals intoniert. Mal ganz nah an
alten
Klängen, dann wieder ganz eigenständig. Rhythmus und
Produktion
klingen eher modern und poppig. Befreundet sind die GEYERS
übrigens
mit Teufelsgitarrero Ritchie Blackmore, dem sie das grandiose
7-Minuten-Stück
»Shepherd’s Walk« (frei nach Tilman Susato) gewidmet haben.
Eine Stunde lang Mittelaltermucke vom Feinsten! (lj) |
CD-Tipp
März
2003

BÄRENGÄSSLIN
Walther von der Vogelweide
(Pläne)
CD kaufen
> Noten von Walther von der Vogelweide gibt es hier.
|
Das
musikalisch überlieferte Werk Walther von der Vogelweides ist
klein
- Texte sind zuhauf überliefert, Musik fast gar nicht. Und wenn,
dann
sind es nicht selten "Kontrafakturen" (die Kombination von
Walther-Strophen
mit ähnlich gebauten Troubadourliedern aus Frankreich). Ein
Wunder,
dass es kaum eine Gesamtschau der überlieferten Lieder gibt!
BÄRENGÄSSLIN
wagte 1980 zumindest einen Schritt in diese Richtung und fasste 10
Walther-"Hits"
auf einer LP zusammen. Diese gibt's nun auf CD. Die bekannten Sachen
vom
Palästinalied bis zu "Wol mich der stunde", von "Muget ir schowen"
bis hin zu "Under der linden" (die Begleitung zur Abwechslung mal in
Dur
statt in Moll) sind vertreten. Die zurückhaltenden
Interpretationen
mit mittelalterlichem Instrumentarium tragen deutlich die Handschrift
des
Folkrevivals der 60er und 70er, manchmal wäre etwas mehr
höfischer
Glanz nicht schlecht gewesen. Alles in allem eine wertvolle Sammlung,
die
einen umfassenden Einblick in die schillernde Persönlichkeit
Walthers
gibt. (lj) |
CD-Tipp
Februar
2003

MUSIKTHEATER
DINGO
Minne, traute Minne
(Dur & Moll)
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
> Noten von Minneliedern gibt es hier.
|
Die
Grundstimmung des Minnesängers ist das Leid, die Melancholie: der
Sänger, hilflos seinen Sehnsüchten nach der unerreichbaren
Dame
ausgeliefert. Der "Blues des Minnesangs", die Sehnsucht, die Begierde,
die Wunde in der Seele - das ist die Spezialität des Musiktheaters
Dingo. Das zeigt die Gruppe gleich zu Anfang mit dem von Dagmar Jahn
wunderbar
gesungenen, unendlich traurigen Lerchenlied und einem Klagegesang
Reinmar
von Hagenaus, der von der geradezu hündischen Ergebenheit des
Sängers
gegenüber seiner Herrin handelt. Hier überzeugt Jochen
Faulhammer
mit ritterlichem Bass. Als Gegenpol blitzen lebensfroh Neidharts mal
verschmitzte,
mal richtig böse Frühlings- und Herbstlieder auf. Die
gelungensten
Beiträge dieser in Hochdeutsch vorgetragenen kleinen
Minnelieder-Sammlung
sind Wizlaw von Rügens "Laub ist gefallen" und Walthers
Dauerbrenner
"Unter der Linde". Alles mit großem mittelalterlichem
Instrumentarium
von Hümmelchen über Leier und Laute bis zur Harfe. (gl) |
CD-Tipp
Januar
2003

CORVUS
CORAX
Seikilos
(Pica/EFA)
CD kaufen
|
In
Seikilos im alten Griechenland findet sich auf einer Grabsäule
eine
der ältesten Notenschriften - diese wurde von CORVUS CORAX neu
vertont.
Seikilos war aber auch der Name eine Spielmannes aus dem späten
Mittelalter,
der ferne Länder bereist hat und dabei bis nach China gelangte.
Und
damit ist der Bogen der Musik des Albums schon gespannt: Zum einen
spürt
man musikalisch der Antike nach - und im Cover und auf der Website
sieht
man die Musiker auch halbnackt beim dionysischen Genuss von Trauben und
edlen Getränken. Zum anderen gibt es eine Mischung zwischen
Mittelalterlichem
und Fernöstlichem, mit einem bekömmlichen Schuss Elektronik.
Doch im Mittelpunkt stehen Dudelsack und Schalmei, Bombarde und Leier,
Cister, Zimbel und Schelle und allerlei Getrommel, Geklingel und
Geklapper.
Einfach betörend, der gute alte Pan lässt grüßen!
(lj) |
CD-Tipp
Dezember
2002

ENSEMBLE
ALTE MUSIK
Wol mich der stunde
(Verlag der Spielleute)
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Freunde
des Minnesangs werden am Anfang und Ende dieser CD reich beschenkt: Die
Eingangsphase ist den edlen Herrn Walther gewidmet, der Schluss dem
wilden
Neidhart. Dazwischen gibt es viel schöne, meist instrumentale
Musik
aus Spätmittelalter/Renaissance mit Dulcian, Leier, Krummhorn und
viel Flöte (Schein, Ortiz, Scheidt, das Milano . Dort schlägt
das Herz des Ensembles, das kann man deutlich hören.
Doch ist es
interessant,
wie sich eAm von dieser Position aus den Minnesängern nähern.
Das Album beginnt mit dem üblichen Palästinalied, genauer
gesagt
einer beeindruckenden Meditation über der 5. Strophe als Gebet
umherirrender
Pilger im Wüstenwind. Die Version war auch auf dem
spektakulären
Palästinalied-Sampler zu hören. Das zweite
Vogelweide-Stück
steigert das Niveau noch: »Wol mich der stunde«, die
Lobpreisung
der Dame nach einer alten Troubadour-Melodie erstrahlt im archaischen
Glanz.
Und Neidhart? Hier wird der »Winder« herrlich
mitreißend
vom Frühling vertrieben. Auch das selten gespielte »Uns ist
komen ein liebe zit« huldigt schwungvoll dem Lenz. Die
"Maienzeit"
(nur instrumental) hat man aber schon schwungvoller gehört. Und
vom
wunderbaren »Owê dirre nôt« gibt es am Ende nur
eine Halbstrophe mit kleinen Zwischenspielen - eine wehmutsvolle
Winterklage,
die viel zu kurz geraten ist! (lj) |
CD-Tipp
November
2002

ESTAMPIE
Fin Amor
(Warner)
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Estampie
haben sich auf diesem Album ähnlich wie bei ihren Frühwerken
der Gedankenwelt des Minnesangs zugewandt. Diesmal griff man nicht auf
Lieder zurück, deren Melodien überliefert sind, sondern
entschloss
sich zu Eigenvertonungen, die aber mit mittelalterlichen Instrumenten
wie
Ud, Nyckelharpa, Drehleier, Harfe und Organistrum realisiert wurden. So
werden einige der kunstvollsten Texte der Minnelyrik erstmal auf CD
gebannt,
darunter Konrad von Würzburgs "Swa tac", ein wehevolles
"Morgen-danach"-Lied,
bei dem sich jede Silbe in einer Zeile auf eine Silbe in der
übernächsten
reimt - da wird die minnelyrische Kunstfertigkeit auf die Spitze
getrieben.
Weitere tieftraurige Gesänge von Meistern wie Dietmar von Eist und
Konrad, dem Jungen, werden von Sängerin Syrah und Mastermind
Michael
Popp anrührend dargeboten. Dazu kommen echte
Troubadourgesänge,
Stücke aus den Carmina Burana und Geistliches wie das
altehrwürdige
Wessobrunner Gebet. Musikalisch orientiert man sich am ganz Alten,
nämlich
der keltisch-bretonischen Tradition, die man aber in bewährter
Estampie-Manier
mit groovig-meditativen moderneren Rhythmen verbindet. In Celtic- oder
Medieval-Rock-Klischees wird aber nie abgeglitten, das fantasievolle
Ensemble
unterstreicht seine Einzigartigkeit in der Mittelalterszene. (lj) |
CD-Tipp
Oktober
2002

DUIVELSPACK
Margaritas ante porcos
(Eigenvertrieb)
CD kaufen
|
Die
Spielleute aus Detmold melden sich zurück und werfen Perlen unter
die Säue. Das liebenswerte Trio, dessen Spielfreude und
Durchhaltevermögen
bei Mittelaltermärkten legendär ist, hat wieder
mitreißende
Lieder auf CD gebannt. Wer staunend die herrlichen Satzgesänge der
Drei hört und an Studiotricks denkt, sei versichert: Die klingen
live
genauso - und schneiden dazu noch Grimassen und haben das Publikum fest
im Griff! Ja, es ist ja wahr, so raffinierte Chorsätze haben die
rauen
Spielmänner anno dunnemals wahrscheinlich noch nicht im Repertoire
gehabt und manches Arrangement klingt eher nach dem Folkrevival der
70er
als nach bordundurchtränktem, quintenschwangeren
Mittelalter-Purismus.
Na und? Es macht einfach Spaß, den drei sympathischen
Spaßvögeln
aus "Theotmalli" zuzuhören. Nummern wie "Schockschwerenot",
"Duivelspack"
und "Drei Musikanten" sind längst straßenerprobt, doch auch
die neuen Ausgrabungen können sich hören lassen. Diese Drei
sind
ein ganz heißer Tipp! (lj) |
CD-Tipp
September
2002

SCHANDMAUL
Narrenkönig
(F.A.M.E./BMG)
CD kaufen
|
Präziser,
vorwärtstreibender, gnadenloser auf den Punkt - so
präsentieren
sich SCHANDMAUL auf dem aktuellen Album. Knappe Themen, die geschickt
wiederholt
und variiert werden, ein wuchtiger Sound, eine ungewohnte Härte
von
Gitarre und Bass kontrastiert mit den Klängen von Flöte,
Geige
und Ziehharmonika. Kein Zweifel: Sie sind mit dem aktuellen Album ein
wenig
näher an IN EXTREMO und SUBWAY TO SALLY herangerückt, klingen
nicht mehr so locker und verspielt wie bei den "Gaunern und anderen
Spitzbuben".
Man hat das Gefühl, sie wollen's jetzt wirklich wissen und gehen
deshalb
bis ans Limit. Mit irischen Anklängen und einem folkigen Reggae
locken
sie dann aber doch noch die Sonne ins Herz: So stark ist die dunkle
Seite
der Macht nun auch nicht, dem Narrenkönig bleibt immer noch sein
Lachen!
(lj)
>
Telefon-Hotline: Man
kann einen Monat lang im September in die CD hereinhören auf der
Wildwechsel
Music Hotline unter 0190-388512, CD 02
|
CD-Tipp
Juli/August
2002

DIVERSE
MUSIKER
Palästinalied
(Heckenreiter)
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
> Noten vom Palästinalied gibt es hier
|
Das
Palästinalied von Walther von der Vogelweide ist DER Hit des
Mittelalters:
die bekannteste Melodie der Minnesängerzeit wurde nun in einer
gigantischen
Co-Produktion unterschiedlichster Mittelaltermusiker Strophe für
Strophe
neu eingespielt. Poeta Magica sind dabei, Tanzwut und Corvus Corax,
Mediaeval
Baebes und Die Streuner, Musiktheater Dingo und Saltarello, Finisterra
und Galahad - um nur einige zu nennen. Initiator und Garant, dass das
ganze
nicht auseinanderdriftet, ist Spielmann Marcus van Langen. Er gab das
Tempo
und die Tonart vor, lieferte zudem an die Bands noch diverse
Basis-Samples
von Gitarre, Bass und Rhythmusinstrumenten, die sie in ihre
Arrangements
mit hineinmischen konnten. Wohlan, es ist vollbracht - 15
Gesangsstrophen
plus etliche Instrumentalsoli von historisch-authentisch bis
abgefahren-modern,
das ergibt eine halbe (!) Stunde Palästinalied. Ein hoch
interessantes
Lehrstück, wie unterschiedlich man eine mittelalterliche Melodie
interpretieren
kann! Viel erstaunlicher aber ist, wie homogen, rund und geradezu
durchkomponiert
das Ganze klingt - eine Meisterleistung der Zusammenstellung und
Abmischung.
Ein außergewöhnliches Werk, das hoffentlich viele
Käufer
findet - schließlich geht ein Teil des Erlöses an
notleidende
Kinder im immer noch umkämpfte "heiligen Land". (gl)
Die CD kann man hier
bestellen.
|
CD-Tipp
Juni
2002

SENSIBUS
MISTIS
Aëre secundo
(Ko-Produktion)
Die CD kann man hier
bestellen!
|
Feine
Instrumentalmusik zwischen Mittelalter-Sound, Worldmusic und
orientalischen
Klängen - das bietet SENSIBUS MISTIS auf diesem höchst
inspirierten
Album. Bereits zum zweiten Mal haben sich die drei Kowalcziks zum
Hauskonzert
der anderen Art zusammengefunden. Archaische Percussion-Grooves,
Bambusflöten
und -klarinetten, lautmalerischer Frauengesang und dazu das Didgeridoo
von Familienoberhaupt Johann »Subkultur« Kowalczik. Dieses
legt meist einen spannungsreichen Bordun, während die Damen mit
feinen,
kleinen Melodien den Geist ferner Epochen, Länder oder Traumwelten
wachrufen. Es dominieren die meditativen, zurückhaltenden
Klänge,
und obwohl die Improvisation eine große Rolle spielt, merkt man
doch
die intensive Denkarbeit, die hinter den wirkungsvollen Arrangements
des
Trios steckt. Trotzdem wirkt nichts gewollt und konstruiert: Man
hört
zu und driftet nach und nach davon. (lj)
|
CD-Tipp
Mai
2002

ADARO
Minnenspiel
(SPV)
CD kaufen
> Noten von Minneliedern gibt es hier
|
Bislang
bot ADARO eine einzigartige, fast schon skurrile Mischung aus
70er-Jahre-Progressive-Rock
und mittelalterlichen Melodien dar. Beim neuen Album ist davon nur noch
wenig zu spüren. Man hat sich deutlich dem Mainstream
angenähert:
Eingängig und druckvoll rocken ADARO meist direkt nach vorne los.
Das erinnert durch den folkigen Unterton ein wenig an die
mitreißenden
HOOTERS, manchmal auch an BAP. ADARO beweisen dabei, dass das
Mittelhochdeutsche
mindestens ebenso rock-tauglich ist wie Kölsch. So hat man die
Texte
von Walther von der Vogelweide, Gottfried von Neiffen, dem von
Kürenberg
und anderen hochkarätigen Minnesängern noch nie gehört!
Dass es dabei so richtig was fürs Herz gibt, dafür sorgt
Sängerin
Konstanze Kulinsky mit sanfter Stimme, die dazu aber erstaunlicherweise
auch noch ein Jimi Hendrix der Drehleier ist. (lj)
|
CD-Tipp
April
2002

DUIVELSPACK
In 3 Teufels Namen
(Selbstverlag)
CD
bestellen (15 Euro plus 3 Euro Versand)
|
Wer
Duivelspack noch nicht kennt, sollte sich schnellstens diese CD
besorgen.
Die drei Spielleute aus "Theotmalli" (Detmold) sind Spezialist für
echte Ohrwürmer. Sie haben tief gegraben und echte Perlen aus
uralten
Zeiten zutage gefördert. Spottlieder auf arschgesichtigen Pfaffen
oder das keifende, fette Eheweib erzielen auch heute noch ihre Wirkung.
Doch so teuflisch ist dieses Pack gar nicht, im Gegenteil, die Jungs
sind
von unwiderstehlichem Charme. Die Umsetzung ist weit entfernt von
Purismus:
Von wegen Bordunklänge und Quintharmonik, die drei scheuen weder
Septakkorde
noch Satzgesänge, die eher an die BEATLES als an den Vortrag von
Liedgut
unter Linden erinnern. Unkonventionell und frisch! (lj)
|
CD-Tipp
März
2002

CORVUS
CORAX
In Electronica
(EFA)
CD kaufen
|
Die
"Könige der Spielleute" haben sich auf ein gewagtes Experiment
eingelassen:
Sie ließen Musiker der unterschiedlichsten Genres ans Mischpult,
um ihre Stücke remixen und bearbeiten zu lassen. Dabei kamen Rock-
und Gothicmusiker wie BLIND PASSENGERS und UMBRA ET IMAGO ebenso zum
Zuge
wie der NDW-Überlebende Gaby Delgado (DAF), DJ Stefan H.
(Transsylvania
Berlin) und die Technopunker REOX. Das Problem solcher Alben ist
normalerweise,
dass fast zwangsläufig ein Sound-Mischmasch entsteht, da zuviele
Köche
am Brei stehen. Dank der Erfahrungen mit dem CC-Sideproject TANZWUT und
der klaren Vision der Band entstand trotzdem ein Werk aus einem Guss.
Eine
raue, pulsierende Mischung aus Mittelalter und Electro, wie man sie
bislang
noch nicht gehört hat! (lj) |
CD-Tipp
Februar
2002

SCHANDMAUL
Von Halunken und anderen Spitzbuben
(Fame Rec.)
CD kaufen
|
Mittelalter-Rock
erfreut sich spätestens seit dem Siegeszug von IN EXTREMO und
SUBWAY
TO SALLY hierzulande größter Beliebtheit. Nicht ganz so rau
wie die Kollegen, aber nicht weniger druckvoll gehen SCHANDMAUL
fröhlich
ans Werk. Die Verbindung vom mittelalterlichen Instrumentarium wie
Drehleier,
Dudelsack, Flöte und Geige mit dem Rock-Setup funktioniert hier
erstaunlich
organisch - keine schroffen Gegensätze prägen die Musik,
sondern
subtile, wohlausgewogene Verbindungen mit einer guten Portion
Folk-Feeling.
Die Spielfreude ist mehr als deutlich spürbar und die Arrangements
halten viele nette kleine Überraschungen bereit. Eine Scheibe, die
einfach gute Laune macht. (lj) |
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