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Frauenlob Manesse-Bild

Minnesang.com
Dr. Lothar Jahn
Guderoder Weg 6
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Joerg Peukert
Begrüßung durch den Herrn der Neuenburg: Jörg Peukert
in der Stadtkirche St. Marien


Weinberge
Die Weinberge von Freyburg tragen zur schönen Atmosphäre bei

Gassen von FreyburgFast schon mediterrane Stimmung: die Gassen von Freyburg


Weg zur Neuenburg
Lohnt immer die Mühe: der Aufstieg zur Neuenburg

Sabine Lutzenberger
Sabine Lutzenberger sang gleich bei 2 Programmen

Mittelalterliche Instrumente
Viele ungewöhnliche und fast vergessene Instrumente gehören dazu

Dom Naumburg
Als Auftrittsort neu dabei: der Dom von Naumburg

Alle Fotos: Dr. Lothar Jahn
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MONTALBÂNE: EIN GLANZVOLLES WIEDERSEHEN
von Dr. Lothar Jahn

Am Wochenende vom 21. bis 23. Juni 2024 ging erneut das Festival montalb1ane in Freyburg/Unstrut über die Bühne. Es stand in diesem Jahr unter dem Motto „monumenta“ und präsentierte Erhaltens- und Erinnernswertes aus dem Hochmittelalter. Alle Veranstaltungen waren mehr als gut besucht, die kulturarme Corona-Zeit scheint endgültig überwunden.

Den Anfang in der Stadtkriche St. Marien machte Norbert Rodenkrichen mit seinem Ensemble Candens Lilium, das gerade mit dem Album „Carmina Burana Today“ auf sich aufmerksam gemacht hatte (Minnesang.com berichtete). Die Live-Fassung stand dem sorgfältig durchgearbeiteten Tonträger in nichts nach. Rodenkirchen hat versucht, die gängigen Fassungen der Vertonung der mittelalterlichen Liedersammlung bewusst außer acht zu lassen. Wer mit den im 20. Jahrhundert dazu erdachten Carl-Orff-Melodien inklusive der pompösen Aufführungspraxis gerechnet hatte wurde genauso enttäuscht wie die Kenner durch hauptsächlich durch Michael Korth und René Clemencics Erarbeitung mittelalterlicher Melodievorlagen geprägten Einspielungen der letzten Jahzehnte, die weitgehend auf Eingängigkeit und Rhythmus setzten, weshalb sie in der Markt- und „Mittelalternativ“-Szene weiter trivialisiert wurden. Rodenkirchen fängt mit einem sechsköpfigen  Ensemble noch einmal quasi von vorn an und verblüfft vor allem durch die Vielseitigkeit der Klangfarben. Da sind auf der einen Seite die innigen Gesänge von Sabine Lutzenberger und die ins Überirdische wegdriftenden improvisatorisch-meditativen Klange von Rodenkirchens Flöten- und Harfenspiel, da gibt es auf der anderen Seite zupackende Rhythmik und furiose Alta-Cappella-Bläser. Die Basis ist immer die Melodik und Spieltechnik der Entstehungszeit im 12. und 13. Jahrhundert, doch die oft satirisch-kritischen Akzente der Handschrift ermutigen das spielfreudige Ensemble auch zu anachronistischen Kapriolen, die über raffinierte Kontrapunktik und komplizierteste Taktmaße bis hin zur melodischen Ausrufezeichen in Sekundparallelen führen. Undbedingt erwähnenswert noch das zupackende Fideslspiel Albrecht Maurers und die Brillanz und Präzision des Trommlers Philipp Lamprecht.

Samstag setzte Baptiste Romain mit seinem Ensemble „Le Miroir de Musique „den deutlichen Akzent: Der musikalisch Spiegel zeigte die Welt des unglaublichen Multitalents Guillaume de Machaut (1300 – 1377), ein Meister der Dichtung und der Musik gleichermaßen, eine Weiterentwicklung der Trobadorkunst gehörte ebenso zu seinem Schaffen wie die erste bollständig überlieferte Messe, in romanhaften Erzählungen spiegelte sich zudem das Gruaen seiner Epoche wie die Pest, die um 1350 de Hälfte der europäischen Bevölkerung dahinraffte, und der 1337 beginnende Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich. Das Programm gab einen abwechslungsreichen Einblick in das Schaffen des Meisters, das höfische und sakrale Kunst in herrlich durchkomponierter Mehrstimmigkeit umfasste. Vor allem die chorischen Passagen konnten überzeugen, mit sicherer Hand und schönem Bogenstrich führte der Professor an der Schola Cantorum Basiliensis seine Musiker durch den Auftritt.

Erstmals fand das Samstagabendkonzert dann im ehrwürdigen Naumburger Dom statt: Der Abend stand ganz im Zeichen der Choraltradion im mittelalterlichen Burgund. Stefan Morent und sein Ensemble „Ordo Virtutum“ boten mit fünf Männerstimmen fast ausschließlich einstimmigen Gesang. Dabei setzte man die Gesangstradition der 910 gegründeten von Benediktinern geründeten Klosterstadt Clundy, wie sie unter Abt Petrus Vernerabilis (1092 – 1156) erblühte, gegen die reduzierteren, vereinheitlichten Formen klerikalen Gesangs, die der gestrenge Kreuzzugsprediger Bernhard de Clairvaux seinen Zisterziensern verordnete. Die Sänger setzten die Sphären auch durch unterschiedliche Gesangsorte gegeneinander ab. Doch mehr als die Unterschiede blieb eine Gleichförmigkeit des monophonen Stimmklangs in Erinnerung, der dazu geeignet war, das Publikum im Licht der Abendsonne in eine trance-artige Stimmung zu versetzen. Nur das unerwartete kurze Aufblitzen von Mehrstimmigkeit zum Ende des Cluny-Parts sorgte für Erschrecken und Entzücken gleichermaßen. Dieser Moment wurde bei der Zugabe im voll besetzten Dom dann noch einmal zelebriert.

Der Sonntag begann mit einem ökumenischen Gottesdienst, den der MDR live im Radio übertrug. Bei der Predigt ging es um die Geschichte von der Bändigung eines Sturmes durch Jesus. Das Montalbane-Ensemble sorgte stilvoll für die musikalische Umrahmung, die Begleitung des Gemeindegesangs und sogar die hörspielartige Illustrierung des Evangeliumstextes. Alle vier Mitglieder des Ensembles sind auch organisatorisch seit Jahren rund um das Festival aktiv: Susanne Ansoirg (Fidel, Glockenspiel, Gesang), Sebastian Pank (Gesang, Saxophon), Robert Weinkauf (Gesang, Perkussion) und Dietrich Zöllner (Gesang, Orgel). Neben den erwarteten mittelaltelichen Gesängen gab es auch eine große Überraschung, als Punk hinten aus dem Kirchenraum ein beeindruckendes Solo in Jazz-Diktion auf dem Sopransaxophon als Vorspiel zum gemeinsamen Lied „Jesu meine Freude“ darbot. Seine musikalische Vielseitigkeit bewies er wenig später, als er Luthers „Verleih uns Frieden gnädiglich“ in der Originalversion dirigierte, er führte die an die später geglätte Version gewöhnte Gemeinde mit seinen präzisen Bewegungen durch die Synkopen der frühen Reformationszeit.

Zwei Höhepunkte des Festivals standen am Sonntagnachmittag noch aus: Da war zunächst das Orpheus gewidmete Konzert der Ensembles Per-Sonat unter Leitung von Sabine Lutzenberger. „Orpheus' Echo“ erklang – Per-Sonat entdeckten es in lateinischen Liedern des 11. Jahrhunderts genauso wie in den im karolingischen Mittelalter neu vertonten Liedern des Hotius Flaccus, besser bekannt als Horaz (65 v. Chr. - 8 v.Chr.), im Organum aus dem Wichester Tropar genauso wie in einer Heilandsklage aus dem Kloster Einsiedeln. Mit Petrus Abaelardus, der den Trost in seiner Cythara preist, ist ein Kleriker dabei, der in die Geschichte wie Orpheus als großer, gescheiterter Liebender eingegangen ist!  In keinem der Texte, die aus antiken Epen oder biblischer Überlieferung schöpfen, wird der Sänger, der sogar die Unterwelt zu betören vermag, um seine große Liebe zu befreien, überhaupt erwähnt. Und trotzdem wirkt die Zusammenstellung des fünfköpfigen Ensembles wie aus einem Guss, hat einen Spannungsbogen der den Abstieg ins Totenreich, den Klagegesang und den Aufstieg ins Licht großartig zur Geltung bringt. Dabei ist die Besetzung fast spärlich zu nennen: Links auf der Bühne Marc Lewon mit seiner karolingischen Cythara und seiner Citole, rechts Sabine Lutzenberger mit ihrer Harfe, von Zeit zu Zeit gesellen sich Sarah M. Newman, Christine Mothes und Karin Weston gesanglich hinzu. Die in den tiefen Lagen sehr präsente, von Martin Uhlig gebaute Cythara wird von Lewon sehr rhythmisch geschlagen, mit den Quint- und Quartparallelen erinnert das fast an Power-Chords des Heavy Metal. Ganz anders spielt Lewon, wenn er den lyrisch-ausdrucksstarken Gesang von Sabine Lutzenberger begleitet, die bei diesem Programm zur Hochform aufläuft.

Zum Abschlusskonzert fand sich dann auch noch Staatsminister Rainer Robra ein, zuständig für die Kultur. Augenzwinkernd erinnerte Jörg Peukert in seiner Begrüßung daran, dass zu allen Zeiten Musik und Dichtung auch auf die Unterstützung der Mächtigen im Lande angewiesen waren. Der Minister erlebte dann etwas Besonderes: Das Ensemble Nimmersêlich feierte mit seinem ersten Auftritt beim Festival sein 25-jähriges Bestehen. Eine Besonderheit war dabei, dass alle Akteure auch als Helfer und Unterstützer des Festivals jahrelang aktiv sind. Entsprechend gefeiert wurde das Quintett, das ein sehr farbiges Programm aus mitteldeutschen Handschriften darbot: „eyn lobeliche Kunst“. Obwohl die Musiker im Gegensatz zu den anderen Ensembles ihrer Profession nicht hauptberuflich nachgehen, war in jeder Note die große Liebe zur Musik, aber auch Ideenreichtum und Präzision spürbar. Die lange gemeinsame Arbeit hatte ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Als vielseitige Multiinstrumentalistin ist besonder Katharina Hölzel herauszustellen, die mit Pommer, Flöten, Harfe, Einhandflöte und Trommel brillierte. Eine musikalisch bestechende Idee war es, den Eingangsgesang des berühmten Sängerkriegs auf der Wartburg, dessen „Fürstenton“ in der Jenaer Liederhanschrift überliefert ist, mit einer Estampie zu umrahmen, die aus der Melodie des von Rober Schuchardt souverän vorgetragenen Gesangsteils entwickelt wurde. Das war höchste Spielmannskunst! Durch Humor bestach das Lied „Ein Lip het ich mir auserkorn“ aus dem 15. Jahrhundert in schönster Mehrstimmigkeit – wenn die Liebste schon untreu und ungnädig ist, dann sollte man wenigstens zur allgemeinen Erheiterung davon singen.

„Nimmersêlich“ bedankten sich für die vielen Anregungen durch das Festival und die stehenden Ovationen des Publikums dadurch, dass sie die beiden Festival-Urgesteine Robert Weinkauf und Susanne Ansorg für ein gemeinsames Schlusslied auf die Bühne holten: ein Lied, das die beiden einst mit ihren Ioculatores bekannt gemacht hatten!

DIE MINNESANG-MASTERCLASS
Ergänzung von Martin Uhlig

Am Sonnabend Vormittag war – wie immer bei montalbâne – Vortragszeit. Dieses Jahr mit einer Einführung zur montalbâne Masterclass zum Thema „Minnesang“ von Dr. Marc Lewon. Lewon führte uns auf lockere, unterhaltsame und spannende Weise an sein Wissen über den Minnesang heran.

Dabei räumte er mit einigen (Vor)Urteilen auf und erklärte, was es eigentlich mit dem Minnesang auf sich hat. Auch Fragen zur historischen Aufführungspraxis wurden behandelt und die Problematik, wie man heutzutage eigentlich an Melodien des Minnesangs herankommt, wurde angesprochen. Denn für manche mag es überraschend sein, aber es sind hauptsächlich die Texte überliefert. Nur eine Handvoll tatsächlicher Minnesangsmelodien hat die Zeiten überdauert. Der Zuhörer hätte sich vielleicht das eine oder andere Beispiel zu hören gewünscht – aber bis auf das Ansingen einzelner Phrasen bot der knappe Rahmen der Veranstaltung leider keinen Raum für mehr. Denn nach einer viel zu kurzen Stunde begann im unmittelbaren Anschluss an den Vortrag die eigentliche Masterclass. Hier hatten sich einige Teilnehmer:innen versammelt und konnten die im Vortrag angesprochenen Dinge sängerisch ausprobieren. Dabei zeigte sich ganz deutlich, worin die Schwierigkeit für die ausführenden Sängerinnen und Sänger heute liegt: nicht etwa in besonderer Schwierigkeit der Melodien oder gar komplizierter Rhythmik – nein, gerade die vermeintliche Schlichtheit und das völlige Fehlen eines musikalischen Rhythmus brachten die Teilnehmenden aus dem Konzept. Und dann gab es auch endlich die Beispiele, die man sich vielleicht im Vortrag schon gewünscht hätte. Lewon trug die zu bearbeitenden Stücke mit einer beeindruckenden Souveränität, überzeugenden Leichtigkeit und scheinbaren Mühelosigkeit vor – im Ganzen sowie im Detail. Dadurch bekamen die Teilnehmenden der Masterclass eine erste Orientierung, wohin die Reise gehen sollte.  Die Sänger und Sängerinnen gaben ihr Bestes und am Ende des Tages konnten sich alle über tolle Ergebnisse freuen. Im Laufe von nicht ganz acht Stunden wurde klar, dass Minnesang ganz ohne einen festen Rhythmus am besten funktioniert und Melodie eher als Träger des Textes dienen sollte, denn als den Sangvortrag dominierender Teil. 
   St. Marien
Wieder im Zentrum des Geschehens: die Stadtkirche St. Marien in Freyburg

Candens Lilium
Carmina Burana: Norbert Rodenkirchen (Mitte) mit Hanna Geisel und Ian Harrison: Sein Flötenspiel beeindruckt nicht nur mit leisem innigen Ton, es setzt sich auch gegen Schalmeien durch!

Miroir de Musique
Le Miroir de Musikque: Eine Huldigung an Guillaume de Machaut!

Dom Naumburg
Erwartungsfroh: Das Publikum im Naumburger Dom am Samstagabend

Per-Sonat
Per-Sonat: Eine karolingische Ode an den unsterblichen Sänger Orpheus

Ordo Virtutum im Naumburger Dom
Musik aus himmlischen Sphären: Ordo virtutum im Naumburger Dom.

Nimmerselich

Großes Finale mit Nimmersêlich und ihren Gästen Robert Weinkauf und Susanne Ansorg










>> Mehr Informationen: www.montalbane.de

> Montalbane-Rückblicke 2020, 2017, 2016, 201520132012, 2011/2010, 2009
> Minneturnier auf Burg Falkenstein 

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