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Weinberge
Die Weinberge von Freyburg tragen zur schönen Atmosphäre bei
MONTALBANE 2009: EIN GUTER JAHRGANG

Vom 19. bis 21. Juni 2009 ging in Freyburg an der Unstrut das Festival "Montalbâne" über die Bühne.  Nun bereits zum 19. Mal wurden Künstler aus ganz Europa in die Weinstadt unterhalb der gründlich restaurierten mittelalterlichen Neuenburg eingeladen.

Les Haulz et les Bas: einfach unwiderstehlich!
Das Festival begann mit unwiderstehlicher Wucht: Das Ensemble „Les Haulz et les Baz“ um Gesine Bänfer und Ian Harrison erweckte die Musik der "Alta capella" zu neuem Leben: Ensembles, die im Auftrag der Städte ähnlich der späteren städtischen Symphonieorchester öffentliche Repräsentationspflichten zu erfüllen hatte. Da kam es natürlich auf Lautstärke an, im Laufe der Zeit aber auch immer mehr auf Verfeinerung und Stil. Die Gäste aus Freiburg (Breisgau) in Freyburg (Unstrut) musizierten mit einem sechsköpfigen Ensemble aus zwei Businen-Spielern (diese endlos langen Trompetenvorfahren bestimmten vor allem den Sound), zwei weiteren Bläsern, die zwischen Schalmeien, Pommern und Dudelsäcken wechselten, und zwei Perkussionisten. Gespielt wurde ein Repertoire, das von Guillaume Dufay über die altbekannten Stücke der British Library (nie hat man sie so synkopenreich gehört!) bis hin zum geradezu ekstatischen „Danse de Cleves“ der Margarethe von Österreich reichte. Die Arrangements waren sehr abwechslungsreich gehalten,  reichten von archaischen Quintklängen bis hin zur geradezu symphonischen Stufendynamik. Besonders kunstvoll gelang dabei die Einbeziehung der Businen mit ihrem arg begrenzten Tonvorrat, die aber durch Tempo, Dynamik und rhythmische Finesse doch in ein kunstvolles Ganzes verwoben wurden. Spannend auch die Begegnung der unterschiedlichen Charaktere des Ensemble-Leiterpaares: Auf der einen Seite der große Entertainer Ian Harrison, dessen unbändige Spiellust alle mitriss, ob er nun mit vollen Backen Druck auf diverse Blasinstrumente gab oder mit launigen Worten die Stücke erklärte! Auf der anderen Seite der eher lyrische Ton von Gesine Bänfer, die aber auch voller Begeisterung von der Entstehung der Stücke berichten kann, und ansonsten mit zarten Verzierungen der Musik eine individuelle Note hinzufügt. Das Publikum hielt es jedenfalls kaum noch auf den Sitzen, als zum Abschluss des Konzertes eine Hommage an die orientalischen Ursprünge dieser vielschichtigen Bläser-Musik folgte.
> CD-Aufnahme des Eröffnungskonzerts
> Montalbane aktuell
> Montalbane-Website


  Neuenburg
Die Neuenburg in Freyburg/Unstrut, einer der Spielorte beim Montalbane-Festival


Les Haulz et les Bas
Les Haulz et les Baz: Musik der "Alta Capella" bei Montalbane

Morent
Prof. Dr. Stefan Morent suchte nach der Musik der Gotik
Musik der Gotik - gibt es die?
Der zweite Festivaltag begann mit einem klugen Doppel-Vortrag auf Schloss Neuenburg anlässlich des „Aufbruchs in die Gotik“, dessen Jubiläum man ja in Magdeburg angesichts des Domgeburtstags mit einer großen Landesausstellung begeht. Zunächst führte Jörg Peukert, Schlossherr der Neuenburg, in die kulturgeschichtliche Bedeutung des Begriffes „Gotik“ ein und machte klar, dass dieser in der Renaissance denunziatorisch gemeint war. Schließlich sah man damals in den Goten die endgültigen Zerstörer der Antike und des römischen Reiches, auf das angeblich eine barbarische und kulturlose Zeit folgte. Die Gotik im engeren Sinne lässt sich architektonisch am ehesten im Spitzbogen festmachen, der dank seiner Statik die Möglichkeit bietet, „höher, eleganter, variabler und effizienter“ mit weniger Mauerwerk zu bauen, und damit vor allem das „göttliche“ Licht als Vorahnung des Paradieses in die Kirchen zu lassen. Musikalisch lässt sich die Gotik noch weniger klar fassen als kulturgeschichtlich, das machte Prof. Dr. Stefan Morent im Anschluss deutlich. Parallelen zur gotischen Kathedrale fand er im Organum Perotins, das über der unendlich gedehnten Choralmelodie des Tenors melismatische Figuren setzt, die durch die Oberstimmen hin- und herwandern und dabei trotz größter Bewegung ähnlich der Minimal Music Momente meditativer Ruhe schaffen. Wie das ganze aber genau geklungen hat, darüber gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Morent bot interessante Interpretationsvergleiche, die von der symphonischen Wucht der Figgerschen Aufführung in den Zwanziger Jahren bis hin zur dezent-innigen Umsetzung der „historisch-authentischen“ Aufführungspraxis unserer Tage im kleinen Ensemble reichte. Dazu war auch noch zu hören, wie sich Eric Satie im 19. Jahrhundert in liebevoll-schrulliger Rückwärts-Gewandheit die „musique gotique“ vorgestellt hatte.

Jörg Peukert
Burgherr Jörg Peukert führte in die Epoche der Gotik ein
Dialogos Spiritualität aus früher Zeit
Von der "gotischen" zur "romanischen" Musik: Am Nachmittag widmete sich in St. Marien das Ensemble Dialogos französischen und englischen Polyphonien um das Jahr 1000. Das Publikum erlebte wunderbare Momente spiritueller Innigkeit, die von äußerster Zurückhaltung in geradezu klösterlicher Demut geprägt waren. Keine der vier Interpretinnen versuchte die anderen, wie bei geistlicher Musik ja leider gar nicht so unüblich, stimmlich zu übertrumpfen. Statt dessen arbeitete jede voller Hingabe an einem homogenen Gesamtklang, der die frühe Mehrstimmigkeit ebenso kunstvoll zur Geltung brachte wie die immer wieder eingefügten einstimmigen Passagen, bei denen jede Sängerin einmal aus der Gruppe heraustreten konnte, um dann wieder in der Gruppe aufzugehen. Schön war auch, wie der Kirchenraum durch wechselnde Positionen der Sängerinnen erlebt und klanglich entdeckt werden konnte. In dieser Musik schien die Zeit völlig stillzustehen, bis zum Ende mit einem jauchzenden „Christus natus“ ein frohes Erwachen im Gedanken der Auferstehung gelang.

dialogos
Clemencic Consort Zwei Altmeister versinken im Glockenmeer
Im krassen Gegensatz zur besinnlichen Atmosphäre des Nachmittags stand das erste Abendkonzert. Hier widmete sich die graue Eminenz der heutigen Mittelalter-Musikszene, René Clemencic, mit seinem Consort dem Altmeister Perotin. Statt Demut sollte wohl Ehrfurcht gelehrt werden: Mit gleich drei großen Cymbalas voll klingender Glocken wurde die Perotinsche Polyphonie angegangen, bis sie im endlos langen Nachhall der obertonreichen Instrumente leider kaum noch zu entdecken war. Das schwebende Meer der Dissonanzen wechselte sich in konstanter Regelmäßigkeit ab mit gesanglichen Darbietungen: Die drei Tenöre plus einem Bariton fanden aber trotz hochkarätiger Besetzung auch nur selten zur Konsonanz. Zudem misslang dem Quartett der eigentlich schwebende Charakter der durch die Stimmen wandernden melismatischen Figuren wegen einer rhythmisch sehr schematisch angelegten Transkription. Das ganze glich daher eher einer akademischen Übung als einer musikalischen Vorführung, einzig in den Motetus-Passagen gelang es dem herausragenden Bariton Colin Mason, bekannt von den Kings Singers, der Musik ihre Seele zurückzugeben.

Clemencic Consort
Marc Mauillon Trobadorkunst vom Feinsten
Mit solchen Problemen hatte das Trio des Spätabendkonzertes bestimmt nicht zu kämpfen: Schon mit dem ersten Ton hatten der Sänger Marc Mauillon und seine grandiosen Begleiter Pierre Hamon (Flöten, Trommeln, Dudelsack) und Viva Biancalluna Biffi (Fidel) die Herzen der Zuhörer erreicht. Das Programm war zweigeteilt: Trobadorgesänge vom Lerchenlied bis hin zur Löwenherz-Klage standen im ersten Teil. Der zweite Teil war nur einem einzigen Lied, einem Lai von Guillaume de Machaut vorbehalten. Alle drei haben bereits im Ensemble „Alla Francesca“ zusammen musiziert, was bei allen improvisatorischen Freiheiten, die man einander von Zeit zu Zeit gab, deutlich zu hören war. Mauillon überzeugte restlos durch seine ganz an Sprache und Inhalt orientierten, hoch emotionalen  Interpretationen der Lieder um den erfolglosen Minne-Dienst. Viva Biffi hörte dabei sehr genau zu, unterstützte alle Nuancen im Gesangsvortrag geschickt durch ihr variables, weiches und manchmal kaum noch hörbares Fidelspiel mit fester Bordungrundlage, um dann im Zusammenspiel mit dem Virtuosen und Ensemble-Leiter Pierre Hamon wieder kompliziertes Figuren im federleichten Unisono zu zelebrieren. Der zweite Teil war eine Wagnis kurz vor Mitternacht: Der Lai „Loyauté que point ne delay“ bot eine halbe Stunde lang Wiederholungen der nur leicht variierten selben Melodie. In der Interpretation des Trios war noch nichts zu spüren vom Aufkeimen der Renaissance, das man bei Machaut oft schon mithört: Das Trio verband auf hypnotische Weise die keltische Tradition mit der Tiefe und Traurigkeit der Trobador-Klänge, die glutvolle Interpretation Mauillons wagte zudem einen überraschenden Brückenschlag zum französischen Chanson eines Jacques Brel oder Gilbert Becaud. Mit großer Intensität begleiteten die Instrumentalisten den Sänger, wobei das Innehalten, Sich-Zurücknehmen und ganz langsame Verklingen zum Ende des Lais für einen nachdenklichen Tagesausklang sorgte.

Nachtkonzert
Sebastian Pank Abschied der Ioculatores
Die Veranstaltungen waren durchweg gut besucht: Das größte Gedränge in der Kirche herrschte allerdings verständlicherweise, als sich eine Institution verabschiedete. Am Sonntagnachmittag luden die Ioculatores zum Abschiedskonzert. Dazu wurden alte Mitstreiter noch einmal auf die Bühne geholt: Neben Jörg Peukert, der als brillanter Rezitator gewohnt souverän durch das Konzert mit diversen mittelhochdeutschen Literaturfunden führte, Sänger Robert Weinkauf, der Fidel-Virtuosion Susanne Ansorg und dem versierten Lautenspieler Kay Krause standen Sabine und Veit Heller, Alexander Dinter,  Michael Metzler (der schon beim Eröffnungskonzert als Perkussionist geglänzt hatte) und Raumklang-Labelchef Sebastian Pank mit auf der Bühne. Vor allem Pank, der mit Schalmeien und Sopransaxophon Farbe und Kraft in die Arrangements brachte, hatte großen Spaß. Manchmal verließen die Ioculatores, die ja lange als DIE ostdeutschen Vertreter der historisch-authentischen Interpretation galten, sogar die mittelalterlichen Sphären und führten die alten Melodeyen für kurze Momente augenzwinkernd auf jazzig-bluesige Abwege. Starke Momente gelangen bei der Tanhuserschen Minneparodie „Steter dienest der ist gut“, einer spritzigen Instrumentalversion des Machauts Klassikers „Quant je suis“ und beim erstaunlich tröstlichen Pilger-Todesmarsch „Ad mortem festinamus“ aus dem roten Buch der Mönche von Montserrat. Im gemeinsamen Gesang sprang der Funke vollends aufs Publikum über. Der nicht enden wollende Beifall galt nicht nur dem Konzert, auch nicht nur dem langjährigen Schaffen der Ioculatores, sondern mindestens ebenso dem grandiosen Festival, das ja aus der Arbeit der Gruppe hervorging und sicher noch eine große Zukunft hat.

Ioculatores
MONTALBANE-CD: 
"Les Haulz et les Bas" beim Eröffnungskonzert 2009

Montalbane CDZum 20-jährigen Jubiläum des Mittelalter-Musikfestivals "Montalbâne" in Freyburg/Unstrut erschien eine CD des mitreißenden Ensembles "Les Haulz et les Bas" aus dem anderen Freiburg. Die Gruppe legte im letzten Jahr ein furioses Eröffnungskonzert hin, das live mitgeschnitten wurde und nun auf CD vorliegt. Nachempfunden wird hier die Musik der "Alta Capella", also Musik, die vor allem der städtischen Repräsentation diente. Da kam es auf Lautstärke und Glanz an, aber auch auf Virtuosität, denn schließlich wollten wichtige Ereignisse feierlich begangen sein und auch die Musik war ein Aushängeschild. Die hier vorgestellten Beispiele reichen vom archaischen Quintklang bis hin zum fast schon symphonischen Arrangement. Denn die international formierten Blasmusiker um das charismatische Musikerpaar Ian Harrison und Gesine Bänfer, ergänzt um die hervorragende Percussion des Lokalmatoren Michael Metzler, beschränken sich natürlich nicht nur auf die repräsentative Pflicht. Als Kür kommt eine unbändige Spielfreude hinzu, ja, eine wahre Lust am Experimentieren mit dem musikalischen Material, die das Freyburger Publikum geradezu von den Kirchenbänken fegte. Die CD gibt diese Stimmung in gewohnter Raumklang-Qualität auch klanglich hervorragend wider. (lj) 
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