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innesang.com: Bibliothek der Minnesänger

                                                                              

Frauenlob Manesse-Bild

Minnesang.com
Dr. Lothar Jahn
Guderoder Weg 6
34369 Hofgeismar
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Der wilde Alexander
auf CD:

Binkley
THOMAS BINKLEYS STUDIO FÜR FRÜHE MUSIK: Llibre Vermell/Robin et Marion, Secular Music C. 1300
- Neben den oben genannten Werken ist auch Alexanders tiefsinniges "Erdbeerlied" zu hören. 

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Anno Domini
TRISKILIAN: Do durch der werlde
- Herrlich gesungene Stücke mit mal sehr rhythmischer, dann wieder verträumter Begleitung. Das Titelstück widmet sich einem Meisterwerk Alexanders.
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Burg Falkenstein
BURG FALKENSTEIN: Minnesänger-Wettstreit 2005
- Neben Klassikern des Minnesangs erklingt hier auch Alexanders "Owê..." in neuhochdeutscher Nachdichtung von Jochen Faulhammer.
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Spruchgesang
DIVERSE: Spruchgesang und Sachsenspiegel
- Klassiker des Spruchgesangs, kombiniert mit passenden Texten aus dem Sachsenspiegel. Von Alexander: Triskilian mit "Do durch der werlde".
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I Ciralatani
I CIARLATANI: Codex Manesse
- Ein Querschnitt der Manesse-Handschrift! Von Alexander ist das Minnelied "Owê daz nach liebe ergat" zu hören.
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(DER WILDE) ALEXANDER
von Dr. Lothar Jahn

Die Forschung ortet den "Wilden Alexander" aufgrund sprachlicher Eigenheiten als süddeutschen oder Schweizer Dichter des auslaufenden 13. Jahrhunderts. Warum der auch als "Meister Alexander" bekannte Sänger den Beinamen „Der Wilde“ bekommen hat, lässt sich aus seiner Dichtung und Musik jedenfalls nicht erklären. In der Miniatur der Manessischen Liederhandschrift ist er zwar als ungestümer Reiter im roten Gewande dargestellt, seine Werke weisen ihn aber als sensiblen Denker mit großem Hang zur Poesie aus – ein Eindruck, der sich in den herrlichen Melodien bestätigt, die in der Jenaer Liederhandschrift überliefert sind.
 
Hier besinnt sich einer in Zeiten, als Walther schon das Ideal der Hohen Minne problematisiert hatte und Neidhart den Weg zur Minne-Persiflage geöffnet hatte, auf die sehnsuchtsvolle Melancholie der Frühphase des Sangs, ohne allerdings in den Klischees der Gründergeneration zu verharren. Sein Schaffen, das uns mit einem Leich und drei Liedern in der Manesse und mit zusätzlichem Material in der Jenaer Handschrift überliefert ist, ist hochoriginell.

Er dichtet gekonnt am Schnittpunkt zwischen Minne- und Spruchgesang, beschwört mit seinem auch „Erdbeerlied“ genanntem „Hie bevor dô wir kinder waren“ die unbeschwerte, aber auch gefährliche Zeit des erotischen Erwachens herauf. Mit „Do durch der werlde“ schreibt er eine sprachmächtige Rechtfertigung des fahrenden Sängertums und höfischen Mäzenatentums: Das Dichten und Singen sei aufgrund der Sünden der Welt von den Königen herabgestiegen zu den fahrenden Sängern aus dem niederen Volk. Die hohen Herren sind deshalb aufgefordert, die Sänger und Musikanten zu fördern und zu unterstützen, solange die Kunst nicht wieder den Rückweg nach oben antritt, dass sie selber musizieren und tanzen wie einst König David.

Im Frühlingslied „Der meie ist kommen gar wunneklich“, das leider nur in der Manesse und deshalb ohne Melodie überliefert ist, greift er dann das umstrittene Bild Reinmars von Hagenau auf, der seine Herrin mit dem „Ostertag“ vergleicht. Im Gegensatz zu Walther von der Vogelweide, der dieses Bild scharf verurteilt und verspottet hatte, bezieht sich Alexander zustimmend darauf. Seine Herrin soll ihm stets der Ostertag sein, denn ihr Leib ist Balsam, sie heilt wie der Maienduft das liebeskranke Herz. Dazwischen tönt der Schall der Nachtigall, eben ganz wie in den frühen, großen Tagen des Sanges von der Hohen Minne.

Das Lied "Owê daz nach liebe ergat" wäre in seiner unendlichen Schwermut ebenfalls eines Reinmars würdig. Der Sänger und die von ihm angebetete Dame leiden aneinander auf unauflösbare Weise. Wie schon Walther vor ihm personifiziert der „Wilde Alexander“ hier die Minne, sie greift hier als „böses Wesen“ ein, das seinen Tribut fordert: Wer ihr verfällt, muss sich ganz hingeben, muss sich unter Schmerzen der (höfischen) Gesellschaft entgegenstellen und darf dabei auch den Tod nicht scheuen. Eine derartige Herausstellung der dunklen Liebesmacht findet man im auslaufenden 13. Jahrhundert nur noch selten. Schön ist, dass uns in der Jenaer Liederhandschrift eine Melodie überliefert ist, die die sehnsuchtsvolle Düsternis des Textes effektvoll unterstreicht. Das Lied hat leider bislang kaum Eingang ins Minnesang-Repertoire gefunden (Ausnahmen: Jochen Faulhammer, I Ciarlatani). Das ist schade, weil es auf geradezu exemplarische Weise die Gattung der tieftraurigen Minneklage zum Endpunkt bringt!


Notenblatt Alexander Manesse


Der "Wilde Alexander" hat  mit "Syon Trure" und "Herre got" auch geistliche Lieder hinterlassen. Eigentlich also ein feinsinnige, eher nach innen gekehrter Mann - der sich nach all der Besinnlichkeit vielleicht zwischendurch mal auf seinem Pferd austoben musste.




Der wilde Alexander
Der wilde Alexander, Manesse

Lebensdaten:
Sprachlich deuten die Lieder auf alemannische oder Schweizer Herkunft des "Wilden Alexanders" hin. Die zeitliche Bestimmung wird vor allem aufgrund eines Sangspruchs vorgenommen, in dem er die die Hochzeit zwischen König Wilhelm von Holland und Elisabeth (Tochter des Ottos von Braunschweig)  rühmt (1252): Die "Taube aus Braunschweig" habe Elbe und Rhein in Liebe verbunden. Er wird als fahrender Sänger eingeschätzt; ob er auch zum niederen Adel gehört, ist umstritten. Seine Sprache und Poesie, aber auch seine Hinweise auf die Antike deuten auf einen hohen Bildungsgrad hin.

Überliefertes Notenmaterial:
Fünf Töne für Sangsprüche und Minnelieder in der Jenaer Liederhandschrift:

- Eyn wunder in der werlde vert (Text auch in der Manesse) (Hauptton mit vielen Strophen, darunter auch "Do durch der werlde")
- Syon trure (nur in der Jenaer Handschrift)
- Hie bevorn do wir kynder waren (Text auch in der Manesse)
- Owe daz nach liebe gat (Text auch in der Manesse)
- Myn trurichlichez klagen (Text auch in der Manesse)

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LIEDBEISPIEL VOM
"WILDEN ALEXANDER"

"Toete mich und lâ si leben!
"nein, ich enwil", sprach minne,
"ich wil mînen schiltgeverten geben
verlust und ouch gewinne.
Alsô stêt an dem brieve min,
daz ich minne niht enhieze,
ob ich unversêret lieze
zwei, die lieb einander sîn."
 
Mir waere ein jâr alsam ein tac,
sô wir ensament waeren.
Mîner sorge wurde ein slac
mit schimpflichen maeren
beide stille und offenbar.
des muoz ich vil dicke trûren
bî froelichen nâhgebûren,
des ist mir ein tac ein jâr.

"Töte mich und lass sie leben!”
“Nein!”, rief laut Frau Minne.
“Wer mir folgt, muss alles geben,
Seele, Herz und Sinne.
Heiß soll euch mein Siegel brennen,
Weil ich niemals Minne hieße,
Wenn ich ohne Schmerz entließe
Die, die liebend sich erkennen!”

Ach ein Jahr wär’ wie ein Tag,
Wenn wir uns nur fänden.
Dann könnt’ sich auf einen Schlag
Alles, alles wenden.
Doch mir bleibt ja offenbar
Nichts als Trauer hier auf Erden.
Jetzt, wo alle fröhlich werden,
Wird ein Tag mir wie ein Jahr.


Originale: "Owê daz nach liebe ergat", Jenaer Liederhandschrift, 14. Jh.
Nachdichtung: Lothar Jahn 2004


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